»Der Papst klagt niemanden an«

Die Erzdiözese Wien blieb gelassen: Ein Beitrag des dama­ligen Kardinals Josef Ratzinger sei zwar 1998 in einem Buch des rechtsextremen österreichischen Aula-Verlags nachgedruckt worden, doch dies sei unautorisiert geschehen. Zudem sei ein Herausgeber mittlerweile tot, eine Klage deshalb überflüssig (Small Talk, Jungle World 8/09). Karl Öllinger, ein Abgeordneter der Grünen im österreichischen Nationalrat, widersprach diesen Aussagen (Small Talk, Jungle World 10/09). Erich Leitenberger, der Sprecher der Erzdiözese, antwortet nun auf weitere Nachfragen.

In unserem ersten Gespräch sagten Sie, Otto Scrinzi, ein Heraus­geber des Buchs, sei tot. Meinen derzeitigen Informationen zufolge lebt Scrinzi.

Nein, der lebt nicht mehr.

Auch der Abgeordnete Karl Öllinger hat mir bestätigt, dass Scrinzi lebt.

Ich schaue mal nach. Bleiben Sie bitte dran! … (es raschelt) … Hallo? Ich finde im Moment nichts. Aber der Mann ist Jahrgang 1918. Mir war so, als hätte ich schon Nachrufe auf ihn gelesen.

Ihren Angaben zufolge wurde der Text unerlaubt nachgedruckt. Im Buch wird das Gegenteil behauptet. Könnte die katholische Kirche nicht rechtlich gegen diese unter Umständen falsche Behauptung vorgehen?

Das Buch ist ja nicht mehr im Handel.

Im Internet kann man es noch beim Verlag bestellen. Dass der Name des Papstes von Rechtsextremen zu Werbezwecken herangezogen wird, dürfte die Kirche doch stören.

Die Diskussion ist mittlerweile virtuell. Wahrscheinlich könnte nur der Papst selbst als Eigner des Urheberrechts Schritte einleiten. Aber der Papst klagt niemanden an.

Selbst in einem solchen Fall nicht?

Es gibt keinen Präzedenzfall, in dem ein Papst jemanden verklagt hätte. Das wäre zu viel der Ehre für jeden Beklagten, auch für den Aula-Verlag.