Assads Traum

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Es ist nicht der günstigste Moment für die Eröffnung einer neuen Börse, aber länger wollte Präsident Bashar al-Assad offenbar nicht warten. Am Dienstag wurde an der Damascus Security Exchange erstmals mit Aktien gehandelt, der staatlichen Nachrichtenagentur Sana zufolge war die Börse »ein Traum, der nun wahr geworden ist«. Assad träumt wohl davon, dass manche Investoren ihr Geld in einem Land anlegen, in dem sie nicht von lästigen Gewerkschaftern behelligt werden und von der wirtschaftlichen Liberalisierung profitieren könnten. Vor fünf Jahren wurden die ersten Privatbanken zugelassen, allein im vergangenen Jahr traf die Regierung Sana zufolge »200 Entscheidungen zur Erleichterung des Imports«. Syrien werde »trotz der Finanzkrise die ökonomischen Reformen weiterführen«, kündigte Finanzminister Mohammad al-Hussein bei der Eröffnungszeremonie an. Viel passieren kann vorerst nicht, die Börse soll nur an zwei Tagen pro Woche geöffnet werden, gehandelt wird derzeit nur mit den Aktien von sechs Unternehmen.
In Damaskus sind mittlerweile fast ebenso viele Werbeplakate wie Porträts des Präsidenten zu sehen. Dass in den Läden Designerschuhe für 300 Dollar verkauft werden, könnte jedoch bei den Syrern, die mit dem Durchschnittslohn von 200 Dollar/Monat auskommen müssen, Unzufriedenheit aufkommen lassen. Die Arbeitslosenrate wird auf 20 Prozent geschätzt, etwa ein Drittel der Bevölkerung lebt in Armut. Da die Einnahmen aus dem Ölexport stark gesunken und die von dem gleichen Problem betroffenen Verbündeten im Iran wohl nicht mehr so großzügig sind, benötig das Regime andere Geldquellen. Besonders interessiert ist Assad an der Aufhebung der US-Sanktionen. Seit dem Amtsantritt Barack Obamas wird intensiver verhandelt. Senator John Kerry, der Damaskus im Februar besuchte, glaubt, dass »die langfristigen Interessen« für eine Annäherung Syriens an »die sunnitischen Nachbarn und den Westen« sprechen.   js