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»Der Einstieg fällt schwer.« Mit diesem Einstieg beginnt ein Beitrag zur »Militanzdebatte«, der im Februar 2005 in der klandestinen Autonomen-Zeitung Interim erschien. Seitdem die »Militante Gruppe« (MG) regelmäßig mit Anschlägen in Erscheinung trat, diskutierten dort Autonome über die Frage, ob militante Aktionen noch legitim, notwendig bzw. sinnvoll seien. Vielen Beobachtern aus der Szene erschien die Debatte zuweilen höchst ­suspekt. Nun scheint so langsam klar zu werden, wer dort quasi als die letzten Mohikaner linker Militanz über die Gewaltfrage diskutierte: unter anderem das Bundeskriminalamt. Das oben zitierte Schreiben in der Interim war zwar mit »Die zwei aus der Muppetshow« unterzeichnet, doch im so genannten MG-Prozess, der zurzeit vor dem Berliner Kammergericht verhandelt wird, mussten nun Ermittler der Polizei zugeben, dass dieser Beitrag und noch ein weiterer vom BKA selbst verfasst worden waren.
In dem Text des BKA, mit dem man die Militanten offenbar zu bestimmten Reaktionen verführen wollte, wurde auch versucht, Leute auf die Homepage des BKA zu locken. »Ausgerechnet auf der Homepage der BKA-Schergen (ein Tabu wird gebrochen) müssen wir uns ob der Zielgenauigkeit der Aktionen eines besseren belehren lassen, wie tief müssen wir noch sinken?« hieß es in dem vom BKA verfassten Interim-Artikel. Nach dessen Erscheinen ermittelte das BKA dann per Homepageüberwachung 417 IP-Adressen von Computern, mit denen Menschen die BKA-Seiten im Internet besucht hatten. Da die meisten Provider die Nut­zerdaten jedoch nicht lange genug speicherten, konnten am Ende nur 120 IP-Adressen ausgewertet werden. Für das aktuelle MG-Verfahren waren sie jedoch allesamt unerheblich.
»Manipuliert, inszeniert oder nicht, wir erwarten hier zumindest eine klare Stellungnahme zu dem Schlamassel«, schrieben die als Autonome getarnten BKA-Leute aus der Muppetshow 2005. Diesen Satz könnten die Verteidiger im MG-Verfahren nun auch an die Ermittler richten. »Spätestens jetzt kann der Prozess gegen unsere Mandanten nicht mehr als faires Verfahren bezeichnet werden. Als Konsequenz muss er eingestellt werden«, forderten sie.