Bossnapping wirkt

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Wenn Arbeiter aus Protest gegen dohenden Stellenabbau ihren Chef als Geisel nehmen, finden das Um­fragen zufolge mittlerweile 45 Prozent der Franzosen in Ordnung. Demnach können auch die Arbeiter der Firma Caterpillar in Grenoble, die vergangene Woche aus Wut über Stellenstreichungen fünf Manager in der Fabrik eingesperrt hatten, mit großem Zuspruch der Bevölkerung rechnen. Nicolas Benoit, Vertreter der Gewerkschaft CGT, erhofft sich daher »eine starke Reaktion der Politik« und den Erhalt der Jobs bei Caterpillar. Nachdem die Arbeiter einen der Manager wegen dessen Herzproblems schon bald wieder laufen ließen und auch den vier weiteren Managern nach 24 Stunden die Freiheit schenkten, stimmte Caterpillar der Auszahlung der Löhne für drei Streiktage und neuen Verhandlungen zu.
Wie erhofft meldete sich auch die Politik zu Wort. Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy versicherte in einem Interview, er werde sich »mit den Gewerkschaften zusammensetzen« und »die Fabrik retten«, obwohl deren Schließung nie zur Debatte stand. Möglicherweise war Sarkozy ein wenig verwirrt, da binnen drei Wochen schon zum vierten Mal protestierende Arbeiter ihre Vorgesetzten eingesperrt hatten.
So verbrachte etwa der Manager Luc Rousselet 24 Stunden in seinem Büro des Pharmakonzerns 3M in Pithiviers. Nach seiner Freilassung verkündete er, es sei »eine gute Sache«, die Verhandlungen fortzuführen. François-Henri Pinault, Inhaber des Konzerns PPR, durfte eine Stunde lang im Taxi eingeschlossen dem Sprechchor »Pinault, dreckiger Schuft« lauschen.
Da in der französischen Privatwirtschaft vergleichsweise wenige Arbeiter in Gewerkschaften organisiert sind, sehen viele das »Bossnapping« offenbar als einzige Chance, auf sich aufmerksam zu machen. Die Methode scheint sich zu bewähren. Sarkozy sagte vergangene Woche: »Wenn ich das richtig verstehe, haben sie um meine Hilfe gebeten. Ich werde sie nicht hängen lassen«.   lt