https://jungle.world/artikel/2009/25/die-hoelle-ist-ein-pizzaofen
Die Berliner Al-Nur-Moschee möchte Menschen zum Islam bekehren. Dazu hatte sie einen Missionar zu einem Vortrag eingeladen, der zum Mord an Homosexuellen aufruft.
Homosexualität? Ein mit dem Tod zu bestrafendes Vergehen. Aids? Eine Strafe Gottes für diese Unzucht. Solche Botschaften verbreitet der islamische Missionar Bilal Philips hauptsächlich über das Internet. Am Samstag sollte er in der Berliner Al-Nur-Moschee auftreten, wegen angeblicher »Terminüberschneidungen« sagte er jedoch kurzfristig ab. Vorher hatten der Lesben- und Schwulenverband Berlin-Brandenburg (LSVD) und die Frauenrechtsorganisation Terres des Femmes zu Protesten gegen den Auftritt des »Hasspredigers« aufgerufen. Der Vortrag des deutschen Islamkonvertiten und Missionars Pierre Vogel fand aber ebenso statt wie eine Mahnwache des LSVD vor der Moschee.
Man wolle den Leuten in der Moschee durch solche Aktionen zeigen, dass man sie im Blick habe – ebenso wie evangelikale oder erzkatholische Christen, sagte eine von etwa 30 Demonstrantinnen und Demonstranten. Vogel sprach mit den Protestierenden: Selbstverständlich sei alles nur ein Missverständnis, alle seien zum Dialog in die Moschee eingeladen. Das sahen Mitglieder des Vorstands der Gemeinde anders, woraufhin Vogel zunächst seinen Auftritt absagte – um zu reden, als die Demonstranten und Journalisten weg waren.
Das Publikum bestand zum einen aus 200 größtenteils jungen Männern, die Frauen mussten den Vortrag auf einem Bildschirm in einem abgetrennten Nebenraum verfolgen, wobei vollständig schwarz verschleierte Zuhörerinnen die Ausnahme blieben. Vogel empörte sich in seinen Ausführungen u.a. ausgiebig über christliche Missionare, also die Konkurrenz. Während seiner eigenen Missionierungsveranstaltungen, die in vielen Videos im Internet dokumentiert sind, warnt Vogel vor dem Höllenfeuer – »Schaut in den Pizzaofen!« – und verspricht denjenigen das Paradies, die die islamischen Regeln in allen Lebensbereichen streng befolgen, denn »Islam heißt nicht Frieden, Islam heißt Unterwerfung«. Auf der »Pierre Tour 2009« konnte er so in Stuttgart und Dortmund jeweils zehn Menschen überzeugen, und auch in Berlin sprachen einige zum ersten Mal vor der Gemeinde das Glaubensbekenntnis nach.
Maßgebend ist für Vogel das Vorbild Mohammeds und der ersten Muslime, der Salaf. Für die Bewegung des Salafismus sei beispielsweise das Kopftuch verbindlich, wie Vogel am Samstag ausführte. Die Frauen in Medina hätten es nach Offenbarung des entsprechenden Verses angelegt. Etwas aufzuheben, zu interpretieren oder zu reformieren gebe es an dieser Vorschrift deshalb ebenso wenig wie an anderen.
Dass die Verantwortlichen der Al-Nur-Moschee Philips und Vogel eingeladen haben, ist nicht verwunderlich. Die Gemeinde bekennt sich ihrer Selbstdarstellung zufolge zwar »uneingeschränkt« zum Grundgesetz. Ebenso gibt sie aber ihr uneingeschränktes Bekenntnis zur Sharia ab. Im Fall des Ehebruchs werden Mann und Frau »gesteinigt bis zum Tod«, »das ist unsere Sharia, und wir sind froh darüber«, sagte Abdul Adhim, Prediger in der Al-Nur-Moschee, vor Zuhörern, wie der Rundfunk Berlin-Brandenburg Ende Mai berichtete.
In öffentlichen Predigten in der vom Verfassungsschutz beobachteten Moschee weist Adhim Gewalt in Deutschland zwar ausdrücklich zurück. Anderswo darf es aber kriegerisch zugehen. Wie in einem Youtube-Video zu sehen ist, sprach Adhim im Januar in Berlin auf einer der Demonstrationen gegen den Gaza-Krieg das Abschlussgebet: »Oh Allah, vernichte die Ungerechten dieser Welt, die Unheilstifter, die Kinder und Frauen ermorden (…) Oh Allah, helfe den Muslimen, die jetzt unterdrückt werden, gib ihnen den Sieg, helfe den Widerstandskämpfern, allen Widerstandskämpfern (…) lass die Zionisten, die sie töten, als Gefangene bei ihnen landen!« Dass die Gemeinde die vom LSVD geforderte Distanzierung von Philips noch nachreichen wird, scheint daher unwahrscheinlich. Die Dawa – die Missionierung – geht jedenfalls weiter. Anfang Juli findet das »fünfte deutschsprachige Islam-Seminar« in der Al-Nur-Moschee statt. Verpflegung und Übernachtung sind kostenlos.