Die Linke in Deutschland zum Aufstand im Iran

Bloß nicht einmischen

Von Ivo Bozic

Zum Aufstand im Iran scheint vielen Linken hierzulande nicht viel einzufallen. Abgesehen von den Allerdümmsten: Die sehen eine imperialistische Verschwörung am Werk.

Meistens sagt das Schweigen von Linken ebenso viel aus wie ihr Reden. Weder von Konstantin Wecker, der DKP, noch von den Internationalen Ärzten gegen Atomkrieg (IPPNW) oder Pax Christi gab es eine Stellungnahme zum Aufstand im Iran. Vor allem die Antiimperialisten halten sich zurück, denn Ahmadinejad offen zu applaudieren, das trauen sie sich dann doch nicht.
Außer natürlich die ganz Harten. Deren Idol Hugo Chávez, Máximo Líder des »Sozialismus des 21. Jahrhunderts«, legte vor, und gratulierte als einer der ersten dem iranischen Präsidenten persönlich und kritisierte, dass der »große und wichtige« Sieg Ahmadinejads durch die »Stimmen des Imperialismus« getrübt worden sei. Denn so sehen das die Antiimperialisten: »Der überwältigende Wahlsieg für Ahmadinejad ist aus antiimperialistischer Sicht positiv, denn das dominante Charakteristikum des nun im Amt bestätigten Präsidenten ist die Ablehnung der US-geführten Neuordnung des ›Nahen Osten‹«. So deutlich wie die antizionistische Gruppe AIK aus Wien sagt es freilich kaum jemand. Oder doch: Werner Pirker in der Jungen Welt, der die Demonstranten als Büttel des Westens und des Liberalismus ausmachte: »Was sich im Iran abzeichnet, ist die konterrevolutionäre Revanche an der Islamischen Revolution als Emanzipationsprozess der Volksklassen.« Und der unvermeidliche Jürgen Elsässer, der die iranischen Oppositionellen als »Diskomiezen«, »Drogenjunkies« und »Strichjungen« bezeichnete und sie am liebsten im Folterkeller (»Dark­room«) sähe. Offener Beifall für ein Folterregime und homophobe und antimoderne Regression – dahin kann Antiimperialismus führen.
Die Protestbewegung wird aus dieser Perspektive, ganz im Sinne des iranischen Regimes, als vom Westen gesteuerte Verschwörung denunziert. Ganz so, als sei der Ölstaat am Golf, der beste Handelsbeziehungen zur deutschen Wirtschaft pflegt, ein Vorposten des Kommunismus.
Interessant ist auch, wie ungeordnet die Linkspartei reagiert. Der Europa-Abgeordnete André Brie erklärte, der Wahlsieg Ahmadinejads sei Ausdruck für »das Scheitern westlicher Demütigungsstrategien« gegenüber dem Iran. Der außenpolitische Sprecher Norman Peach erklärte bei der Aktuellen Stunde im Bundestag, möglicherweise seien die Wahlen im Iran tatsächlich gefälscht worden, doch solle sich der Westen mit Bewertungen zurückhalten angesichts der »demokratischen Heuchelei« mit der man 2006 die »freie und faire« Wahl der Hamas in den Palästinensischen Gebieten nicht anerkannt habe.
Immerhin hat »Die Linke« auf ihrem Parteitag am Wochenende einem Dringlichkeitsantrag zugestimmt, in dem man sich mit der Protestbewegung solidarisierte. Helmut Scholz vom Parteivorstand erklärte außerdem, man sei mit den Protestierenden solidarisch und verurteile »auf das Schärfste« das Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen die Demonstranten. Allerdings solle die »internationale Staatenwelt« nicht »durch äußere Einmischung oder konfrontative Rhetorik die Spannungen zwischen den politischen Lagern weiter anheizen«. Einen Aufruf zum Schweigen als Solidarität für eine Protestbewegung zu verkaufen, das ist wirklich originell! Echte Solidarität mit dem Protest müsste doch im Gegenteil versuchen, Spannungen anzuheizen.
Zum Glück haben sich bei den Soli-Demonstrationen am Wochenende in Deutschland dann doch einige Linke eingemischt. Die Mehrheit der Demonstranten jedoch waren Iraner, die sich ziemlich alleingelassen fühlten.