Home Story

<none>

Dass es in dieser Redaktion ein paar Freunde des gepflegten Kalauers gibt, hat sich vermutlich bis zu Ihnen herumgesprochen. Genau genommen müssten Sie ein ziemlich oberflächlicher Leser oder eine ziemlich oberflächliche Leserin sein, wenn Ihnen dies noch nie aufgefallen wäre. Manche Kalauer-Liebhaber hier beziehen sich bei der Verteidigung ihrer Leidenschaft großspurig auf Robert Gernhardt, andere appel­lieren an den autoritären Charakter und raunen leise, aber bestimmt: »Adorno«. Das wirkt fast immer – außer hier bei uns, jedenfalls dann nicht, wenn beim besten Willen keine Quellen auffindbar sind. Wieder andere zitieren Johannes Gross, der gesagt haben soll, dass die »Angst vor dem Kalauer« das »Grab vieler guter Scherze« sei. Wie auch immer: Sie sehen, Kalauer haben hier Fans. Es gibt jedoch auch Gegner, Skeptiker und Agnostiker. Als »peinlich« wird gar der eine oder andere Wortwitz zuweilen empfunden.
Bei der Überschrift »Who’s dead?« zum Michael-Jackson-Nachruf in der vorigen Nummer waren wir uns jedoch einig, dass dies ein gelungener Kalauer war, und wir waren erstaunt, dass der, obwohl so dermaßen nahe liegend, nicht von x anderen Medien auch getextet wurde. Diese Woche galt es nun erneut, eine Überschrift zum »King of Pop« zu finden, diesmal für die Reportage von der Trauerfeier für Michael Jackson, für die wir unseren Reporter David Reed extra nach L.A. geschickt haben, obwohl er unbedingt nach Teheran wollte (Seiten 10/11). Diesmal waren jedoch nicht der verstorbene Musiker, sondern dessen trauernde Fans das Thema. »Who’s sad?« wäre also die logische Überschrift gewesen, doch leider zu nahe an der von voriger Woche. Ähnliches galt für »Who’s mad?« Abgelehnt! Die Frage »Who’s dad?« wollte nicht passen, auch nicht »Whose dad?« Zwar kommen in der Reportage Vögel vor, aber leider keine Katze, weshalb es auch »whose cat?« nicht geschafft hat – und die Kalauer-Kiste dichtgemacht wurde.
Sehen Sie selbst nach, welche Schlagzeile schließlich gewonnen hat. Einen anderen Gewinner können wir Ihnen aber verraten: die Jungle World. Völlig überraschend gewann unser Team zum zweiten Mal innerhalb von drei Jahren den »Erich-Mühsam-Pokal«, nachdem wir im Finale den Spiegel geschlagen haben. Von wegen Leitmedium! Die legendäre Autoren-Nationalmannschaft landete auf den hinteren Rängen. Wir waren selbst dermaßen überrascht, dass wir erst im Nachhinein von unserem Sieg erfuhren. Denn das Jungle-World-Team ist inzwischen ein ziemlich bunter Haufen, bei dem die verbliebenen Jungle-Veteranen mehr und mehr in die Minderheit geraten, wenn nicht bald gegengesteuert wird. Magath?!?
Ach so, gekalauert haben wir für Sie dann doch noch weiter. Aber das versteht sich ja von selbst. Bitte, bitte, gernhardt geschehen.