Bumsen wie studiert

Berlin Beatet Bestes. Folge 10. Diana: »Ich hab’ Lust«.

Diese Platte kaufte ich im Juli vorigen Jahres auf dem kleinen Flohmarkt in meiner Nachbarschaft. Es war ein leicht regnerischer Samstagvormittag, aber das schlech­te Wetter wirkt sich für mich meist vorteilhaft aus: Es gibt weniger Sammler-Konkurrenz auf dem Markt. In der Vergangenheit habe ich die besten Platten immer an den heißesten Sommertagen oder im tiefsten Winter gefunden. Richtig gut lief es auch an diesem Regentag im Juli.
Die Platte kostete 50 Cent und sah zunächst unscheinbar aus. Das Cover jedenfalls ließ keine Rückschlüsse auf den Inhalt zu. Ein Grund, wa­rum die ernsthaften Sammler, die den Markt vor mir duchkämmt hatten, sie liegen ließen. Ich suchte sie aus, weil ich die auf dem Cover abgebildete Künstlerin nicht kannte. Und weil sie aussah wie ein Transvestit. Nein, auf den zweiten Blick war klar: Diana ist ein Transvestit! Und der Titel war auch vielversprechend: »Ich hab’ Lust«.
Um meinen Flohmarktfund für meine Leser zu dokumentieren, ließ ich meinen Freund Frank ein paar Fotos machen. Als Frank, meine Freundin und ich uns die Diana-Platte anschließend zuhause anhörten, waren wir sehr überrascht. Es ist eine großartige, lustige, krasse Platte und zugleich wahrscheinlich die schmutzigste, die es auf dem ganzen Flohmarkt zu kaufen gab:
Es gab schon viele Männer für mich/Einen Mann wie du gab es noch nicht/Wie du mich an dich reißt/aufs Sofa schmeißt/
Dass wie im siebten Himmel man gleich schwebt/und rings umher fast alles erbebt/
Du hast den Bogen raus/ich halt’s nicht aus/
Ich hab’ Lust/mach die Hose auf/
Komm zu mir/denn ich warte drauf/
Auf dich/komm, bums mich/
Reiß mir die Kleider vom Leib/bis ich stöhne und schrei/
Nimm mich von vorne, von hinten/ich find nichts dabei/Dick und prall ist mein Sack gefüllt/mit dem Saft, der die Geilheit stillt/In mir/komm, bums mich/Herrlich, wie du mich nimmst/und wie du mich fickst/Du bumst, als hättest du das studiert/und alles haben wir schon probiert/
Bei Tag und auch bei Nacht/weil’s Freude macht/
Ich bin berauscht wie von Heroin/steckt erst dein Schwanz ganz tief in mir drin/Du lässt mir niemals Ruh/komm und stoß zu.
Die Tatsache, dass Diana ein Transvestit ist, und die heitere Pop-Musik retten das Stück davor, unhörbar zu sein. Im Internet ließ sich rein gar nichts über Diana in Erfahrung bringen. Von wann die Aufnahme stammt, weiß ich auch nicht. Die Produktion und die Aufmachung dieser Privatpressung lassen mich auf Mitte der Siebziger tippen, aber das ist nur eine Vermutung. Ein wunderbares Zeitdokument schwuler Subkultur und mit Sicherheit eine Rarität.
Um so trauriger war ich, als ich Anfang des Jahres einigen Freunden die Diana-Platte vorspielen wollte und feststellen musste, dass sie zerbrochen war. Sie war mir irgendwann aus dem Regal ge­fallen, und ich hatte nicht bemerkt, dass sie zerbrach. Sowas ist mir in den fast 30 Jahren, in denen ich schon Platten sammle, noch nie passiert. Ausgerechnet diese eine Platte! Hätte es nicht eine von den 6 000 anderen sein können, die ich nie anfasse? Zum Glück hatte ich sie ja wenigstens vorher digitalisiert und auf meinem Blog veröffentlicht.