Über die Bürgerbewegung Pro Köln

Braun ist keine Regenbogenfarbe

Die »Bürgerbewegung« Pro Köln schaffte bei den Kommunalwahlen in Nordrhein-Westfalen mit rassistischen Parolen den Wiedereinzug in den Stadtrat. Unterstützt wird sie vom Weblog Politically Incorrect.

»Islam-KritikerInnen von rechts geht es nicht um Frauen- und Menschenrechte, den Schutz und die Gleichstellung von MigrantInnen oder gar eine säkulare, demokratische Gesellschaft. Sie ­kaschieren hinter ihrer Kritik am Islam lediglich ihre rassistischen Ressentiments und ihre Ausländerfeindlichkeit …«, schrieb der Kölner Journalist Karl Rössel im Frühjahr 2008 an das von linken und säkularen Gruppen getragene Veranstalterbündnis der Kritischen Islamkonferenz, die Ende Mai 2008 an der Universität Köln stattfand. Anlass für das Schreiben war die Teilnahme des Kolumnisten der Jungen Freiheit, Rolf Stolz, an der Kölner Konferenz. Aus dem Publikum hatte Stolz für eine »Regenbogenkoalition« aller Islamkritiker »von der Jungen Welt bis zur Jungen Freiheit« plädiert, was Rössel zu der Klarstellung veranlasste, die Farbe »braun« gehöre nun mal nicht zum Regenbogen.
Obwohl die Organisatoren der Konferenz die Anmeldung von Stolz zurückgewiesen hatten, war es ihm gelungen, den Saal zu betreten. Erst am zweiten Veranstaltungstag wurde ihm der Einlass verwehrt. Die Möglichkeit für eine ausführliche Stellungnahme lieferte Stolz das Weblog Politically Incorrect (PI), das auch eine »Nachbetrachtung« zur Konferenz von Conny Meier, dem Bundesgeschäftsführer der rechten »Bürgerbewegung« Pax Europa (BPE), veröffentlichte.
Die Auseinandersetzungen im Umfeld der Tagung können als charakteristisch für Bestrebungen angesehen werden, eine Kritik am Islam in rassistischer und fremdenfeindlicher Absicht zu instrumentalisieren. Ganz vorn dabei ist das deutschnationale Blog PI. Es hetzt unter dem Vorwand der Islamkritik nicht nur gegen Migranten, sondern ebenso gegen Linke oder Atomkraftgegner. »Den Sozialisten keine Chance!« heißt es schon auf der Startseite. An exponierter Stelle ist dort auch eine Website verlinkt, auf der man »linksextreme Vorfälle melden« kann. Gleichzeitig diffamiert PI Aktionen gegen Neonazis und verharmlost Antisemitismus. Das Weblog wurde 2004 von Stefan Herre in Köln gegründet und verzeichnet nach eigenen Angaben täglich bis 35 000 Besucher.

Die Doppelzüngigkeit der, abgesehen von der Gründerfigur, anonymen Macher des Blogs offenbart sich vor allem vor dem Hintergrund des von ihnen proklamierten Kampfes gegen Antisemitismus und ihres vehementen Bekenntnisses zur Solidariät mit Israel. Die Fragwürdigkeit dieser Selbstbeschreibung wurde beispielsweise nach der tödlichen Autofahrt des bekennenden Israelhassers Jörg Haider offensichtlich. PI widmete Haider vor Sympathie triefende Nachrufe und bot den Lesern auch den Eintrag in ein Online-Kondolenzbuch an. Der Medienjournalist Stefan Nigge­meier machte schon 2007 auf den Kommentarbereich von PI aufmerksam, wo sich »ein unverhohlen rassistischer Mob« versammle.
Das Weblog liefert publizistische Unterstützung für extrem rechte Vereine wie Pro Köln oder die Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ), die ihre Abneigung gegen Israel nicht verhehlen und den Islam mit seinen, der eigenen Ideologie verwandten, antiemanzipatorischen Implikationen erklärtermaßen schätzen. Ihre »Kritik« des Islam ist keine grundsätzliche, bloß gehört er aus ihrer Sicht als »fremde Kultur« nicht nach Europa.
Gute Beziehungen pflegt PI auch zur rechtskonservativen BPE, die sich in ihrer Außendarstellung betont bürgerlich gibt und auch an Kundgebungen gegen Pro Köln beteiligt war. Die BPE bekennt sich zu den »Werten der Aufklärung« und distanziert sich »von ausländerfeindlicher Gesinnung«. Wie ernst das zu nehmen ist, zeigt ein Blick auf die programmatischen Grundlagen, die in der ersten Ausgabe ihrer Zeitschrift Bürgerforum vom Juni 2009 formuliert wurden. Neben einer »Einschränkung der Familienzusammenführung« wird hier die »Rückführung von ausländischen Langzeitarbeitslosen« oder die »Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft« gefordert.
Die BPE agiert diskreter als Pro Köln, verfolgt aber ebenso eine Abschottungspolitik gegen nichteuropäische Migranten. Ihr Bundesgeschäftsführer Meier berichtet auf dem BPE-Blog begeistert über eine Tagung italienischer moslemfeindlicher Populisten im April 2009. Dort trat er gemeinsam mit dem auch bei Pro Köln gern gesehenen Mario Borghezio auf. Der Abgeordnete des Europa-Parlaments, der der italienischen Lega Nord angehört, wurde in der Vergangenheit mehrfach wegen rassistisch motivierter Straftaten verurteilt. Zuletzt, weil er im Jahr 2000 in Turin Zelte von Einwanderern angezündet hatte, die unter einer Brücke schliefen. Meier hat bereits eine Zusammenarbeit mit seinen neuen italienischen Freunden angekündigt.

Ein weiterer rechter Islamgegner, der Publizist Udo Ulfkotte, ehemaliger Präsident der BPE, hat den Verein Ende des vorigen Jahres verlassen, nach eigenem Bekunden wegen dessen Rassismus und »zunehmend extremistischen Kurses«. Von einer Kehrtwende Ulfkottes, der auf seiner Website »Akte Islam« die Aufnahme irakischer Flüchtlinge als »Sozialhilfeempfänger-Import« bezeichnet hat, kann keine Rede sein. Er schreibt weiterhin für die Website des auf braune Esoterik und Verschwörungstheorien spezialisierten Kopp-Verlages. Dort ist kürzlich sein Buch »Vorsicht Bürgerkrieg!« erschienen. PI bewirbt es in mehreren Beiträgen und freut sich über die Unterstützung durch die rechte Deutsche Polizeigewerkschaft, die in ihrer Mitgliederzeitschrift eine ganzseitige Werbung dafür abdruckte.
Gewerkschafter ist auch der eingangs erwähnte Rolf Stolz, als Mitglied des Verbandes Deutscher Schriftsteller (VS) gehört er zu Verdi. Kritische Stimmen im VS halten die Mitgliedschaft des völkischen Propagandisten für unvereinbar mit den Grundsätzen der Gewerkschaft und fordern seinen Ausschluss. In den deutschnationalen Weblogs wird er zum Märtyrer stilisiert.
»Pax-Europa-Mitglied Rolf Stolz von linken Hetzern zum Abschuss freigegeben«, heißt es im BPE-Blog, während PI titelt: »Linke blasen zum Halali auf Rolf Stolz«.

»Alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verächtliches Wesen ist« (Marx), schließt den Kampf gegen islamisch legitimierte Unterdrückungsverhältnisse ebenso notwendig ein wie den gegen Faschismus, Fremdenfeindlichkeit und sich islamkritisch gebenden deutsch-europäischen Standortrassismus. Zu wünschen wäre eine Regenbogenkoalition, die sich auf diesen Minimalkonsens einigte.

Geändert: 18. September 2009