German Jobwunder

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Der Winter war eine einzige Schikane, alle reden über Hartz IV, und die Wirtschaftskrise dauert auch schon ewig. Die neue Volkskrankheit heißt Depression, und Redakteure und Autoren, die für das Wirtschaftsressort schreiben, gehören vermutlich zu denjenigen, deren Risiko, daran zu erkranken, besonders hoch ist. Sie sitzen in ihren Büros, schauen in den grauen Himmel und denken, wenn jetzt endlich der Frühling käme oder besser noch ein Wunder auf dem Arbeitsmarkt geschähe, dann würde die Schreiberei wieder Freude machen. Als die Bundesagentur für Arbeit (BA) vorige Woche ihre aktuellen Zahlen zur Beschäftigung veröffentlichte, nutzten viele Redaktionen die Gelegenheit für einen therapeutischen Befreiungsschlag und verkündeten, dass der Frühling zu einem Jobwunder geführt habe. Die Welt berichtete von einem »kräftigen Aufschwung« und die Nachrichtenagentur Reuters rief gleich das Ende der Krise aus, schließlich kommt nach dem Frühling der Sommer. Auch Spiegel online schloss sich dieser Deutung an, und der Stern präsentierte überraschte Experten, die im Unterschied zu den Medien etwas länger gebraucht haben, um das »deutsche Jobwunder« auch als solches zu begreifen. Und weil es die Journalisten langsam leid sind, täglich über die Inkompetenz der schwarz-gelben Regierung zu lästern, sagt die Bild-Zeitung: »Danke, Angela Merkel!« Sämtliche Zeitungen gönnen sich einen hämischen Blick auf die europäischen Nachbarländer, da gibt es kein »German Jobwunder«, sondern hohe Arbeitslosigkeit. Schadenfreude ist schließlich die schönste aller Freuden. Bei Frank-Jürgen Weise ist von Freudentaumel allerdings eher wenig zu spüren. Der Chef der BA kennt die Statistik, und das ist sein Handicap. Bei der Präsentation hat er nicht nur darauf hingewiesen, dass viele Erwerbslose mit einer neuen Zählmethode der Behörde gar nicht erfasst wurden, sondern auch darauf, dass die tollen neuen Jobs überwiegend befristet sind und zum Niedriglohnsektor gehören.