Sex and the City auf Türkisch

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Murathan Mungan, Jahrgang 1955, kurdisch-arabischer Herkunft und schwul, ist jemand, dem das Crossover von Literatur und Musik gelungen ist und der in der Türkei auch deshalb als Popstar gilt, weil er sich mit den Möglichkeiten der unterschiedlichen Medien beschäftigt. Seine Bücher werden insbesondere von den jungen, urbanen Lesern geschätzt, seine Songtexte von türkischen Popmusikern vertont. Politisch steht Mungan, der sich für die Belange der Kurden einsetzt, eher links.
Linke Biografien sind auch in den Novellen­zyklus »Städte aus Frauen« eingewoben. Erzählt werden ganz unterschiedliche Frauengeschichten aus verschiedenen Städten des Landes, von Istanbul bis Diyarbakir. Ein türkisches »Sex and the City«. Aber dafür, dass Mungan als Pop­autor gilt, ist seine Prosa überraschend poetisch, tiefgründig, melancholisch und weise. Ob er die linke Journalistin, die unterdrückte Ehefrau oder die toughe Intellektuelle porträtiert, immer wird mit Empathie die Psychologie der Figur ausgelotet. Was die Erzählungen eint, ist der Konflikt zwischen Emanzipation und Tradition, den die Frauen auszufechten haben. Berührend ist das deshalb, weil dies als innerer Konflikt erzählt wird. Oft ist nicht klar, wo die Tradition endet und die Modernität beginnt. Schwer zu sagen, ob der sexy Bauchtanz einer jungen Ehefrau noch zum kulturellen Brauchtum gehört oder doch eher eine pornografische Leistungsschau ist.

Murathan Mungan: Städte aus Frauen. Blumenbar, ­Berlin 2010, 350 S., 21, 90 Euro