Jazz ist mein Jihad

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Als Jazz-Saxophonist weltweit im Rampenlicht zu stehen, scheint dem Workaholic nicht zu genügen. Mit Charly Parker und John Coltrane verglichen zu werden, verschafft ihm offenbar auch zu wenig Befriedigung. Der Holzblasvirtuose Gilad Atzmon ist ein Mann der Extreme, schreibt nebenbei politische Novellen und Artikel. Geboren in Tel Aviv, studierte er Komposition und Jazz in Jerusalem und begann seine Karriere als Musiker in der israelischen Jazz-Szene. Seit 1994 lebt er in Großbritannien und wurde zum international gefeierten Star. Sein Hobby ist der Antizionismus.
Auf seiner einschlägigen Website veröffentlichte er im Februar das Traktat »Israelische Ökonomie für Anfänger«. Die rasche wirtschaftliche Erholung Israels von der Krise erklärt er sich so: »Riesen-Schwindler wie Bernie Madoff haben ihr Geld seit Dekaden über ­Zionisten und israelische Institutionen geschleust. Israel ›geht es gut‹, weil es führender Händler von Blut-Diamanten ist« und sich außerdem »im Organhandel und Organraub engagiert«. Und natürlich weiß er über die ganz große Verschwörung zu berichten: Für die »israelische Elite«, die »von Gier getrieben versucht, Reichtum auf Kosten des Rests der Menschheit an sich zu reißen«, dient der Nahost-Konflikt als Ablenkungsmanöver, um »Israels Komplizenschaft in einigen kolossalen und globalen Verbrechen gegen breite Bevölkerungsschichten auf der ganzen Welt« zu verschleiern.
Atzmon bezeichnet sich als »stolzen, selbsthassenden Juden«, beherrscht aber auch den Identitätswechsel: »Wir sind alle Palästinenser und wir haben alle denselben Feind«. Auf solche Rhetorik fährt die Palästina-Solidarität so richtig ab. Am Sonntag und Montag spielte Gilad Atzmon mit seinem Orient-House Ensemble in Freiburg und nutzte seinen Besuch zuvor noch für einen Auftritt als Redner im Jos-Fritz-Café. Eingeladen vom Café Palestine, bewies er als bekannter Propagandist der bösartig naiven »Ein-Staaten-Lösung«, was das Lippenbekenntnis des Café Palestine zum Existenzrecht Israels bedeutet: Es ist nichts als eine beruhigende Phrase für alle, die sich bereitwillig dumm stellen, wenn es gegen den Staat der Juden geht.
Wer differenzieren mag zwischen dem Musiker und dem Hetzer Atzmon, sei auf sein Credo »Jazz ist mein Jihad« und den Namen seiner Band verwiesen. Das Orient-House in Ost-Jerusalem war in den achtziger und neunziger Jahren Hauptquartier der PLO. Atzmon macht keinen Unterschied zwischen seiner Musik und seiner Politik.