Klagen gegen die Deutsche Bank in den USA

Der Slumlord ist die Bank

In den USA sind gleich zwei Klagen gegen die Deutsche Bank anhängig. Bedroht fühlt sich der Konzern dadurch aber nicht.

Immer wenn es für die Deutsche Bank eng wird, gibt sich ihr Vorstandsvorsitzender ungewohnt nachdenklich. Derzeit sinniert Josef Ackermann über die Geschäftspraktiken des Geldinstituts. »Die Bank hat ihre Lehren aus der Finanzkrise gezogen. Ich selbst betone seit Jahren, dass kein Geschäft es wert ist, den guten Ruf der Deutschen Bank aufs Spiel zu setzen«, teilte er am Donnerstag voriger Woche mit. Hintergrund dieser wenig überzeugenden Reflexion sind zwei Klagen, die in den USA gegen Deutschlands einzigen Global Player auf dem Finanzmarkt eingereicht wurden. Ackermann sagte, er halte »die gegen uns in den USA erhobenen Klagen für unbegründet«, nehme sie aber »gleichwohl sehr ernst«.
Das sollte er auch. Vor allem die von der US-Regierung am 3. Mai beim Bezirksgericht in Manhattan eingereichte Zivilklage könnte den Konzern teuer zu stehen kommen. Der Staatsanwalt Preet Bharara wirft der Bank vor, sich für Hypotheken Bürgschaften der Regierung erschlichen zu haben. Die Deutsche Bank und ihr 2007 erworbenes Tochterunternehmen Mortgage IT sollen Immobilienkredite vergeben haben, bei denen bereits vor der Vergabe feststand, dass die Kreditnehmer die Raten nicht würden bedienen können. Versichert wurden diese Kredite, häufig unter Angabe falscher Daten, bei der Bundesbehörde Federal Housing Administration (FHA). Im Fall von Mortgage IT soll es sich zwischen 1999 und 2009 um mehr als 39 000 Hypotheken mit einem Gesamtwert von mehr als 5 000 Milliarden Dollar gehandelt haben, gebürgt hätten dafür die amerikanischen Steuerzahler.

Die Regierung hat inzwischen schon mehr als 386 Millionen US-Dollar ausgezahlt, mehrere hundert Millionen Dollar drohen hinzuzukommen. Die Deutsche Bank habe am Weiterverkauf der Hypotheken verdient und »kaum finanzielle Anreize gehabt, um die Qualität der abgesicherten Kredite zu sichern«, heißt es in der Klageschrift. Sollte die Klage Erfolg haben, droht der Bank eine Strafe in Höhe von einer Milliarde Dollar, Zivilprozesse enden in den USA aber häufig mit Vergleichen. Ein ähnlicher Fall kostete die Investmentbank Goldman Sachs im vorigen Jahr insgesamt rund 550 Millionen Dollar.
Vielleicht weniger kostspielig, aber für den Ruf der Bank noch brisanter könnte die zweite Klage sein. Die Stadt Los Angeles verklagt den Konzern wegen illegaler Zwangsräumungen und dafür, dass zahlreiche zwangsvollstreckte Häuser verwahrlosen. In der Klageschrift wird die Deutsche Bank als größter »Slumlord« der Stadt bezeichnet. Die Bank und ihre Tochterunternehmen hätten bei Zwangsvollstreckungen in Los Angeles mehr als 2 200 Häuser in ihren Besitz gebracht. Notwendige Reparaturen habe das Unternehmen jedoch unterlassen, darüber hinaus seien Hausbewohner häufig unrechtmäßig vertrieben worden, um die Immobilien verkaufen zu können. Trotz mehrfacher Hinweise habe die Bank nichts unternommen, um an diesen Zuständen etwas zu ändern, stellte die Staatsanwaltschaft fest. Auch hier könnten sich die Entschädigungszahlungen an die Stadt und die betroffenen Mieter auf mehrere hundert Millionen Dollar belaufen.

»Das ist ein Warnschuss an die Bankenbranche«, zitierte die Nachrichtenagentur Reuters David Stone, der geschäftsführender Partner bei der auf Wirtschaftsrecht spezialisierten Kanzlei Stone and Magnanini ist. Dass es nicht zufällig die Deutsche Bank getroffen hat, zeigt auch ein kürzlich vorgelegter Bericht des US-Senats, in dem sie als »Hauptverursacher« für die Krise am Immobilienmarkt bezeichnet wird (Jungle World 16/2011).
Wirklich beunruhigt muss man aber in der Frankfurter Zentrale der Deutschen Bank nicht sein. »Es ist unschön, wenn eine Bank ständig mit Gerichtsprozessen in Verbindung gebracht wird, aber selbst wenn es zu Strafzahlungen kommen würde, sind diese aus heutiger Sicht für die Bank verkraftbar«, sagte Andreas Pläsier, Analyst bei der Privatbank MM Warburg. Auch der von Ackermann als Jahresziel ausgegebene Rekordgewinn von zehn Milliarden Euro ist noch nicht ernstlich gefährdet. Ein wenig zur Schau gestellte Nachdenklichkeit und gute Anwälte scheinen derzeit auszureichen.