Arm, aber öko

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Restaurantbesuche sind teuer, deswegen trifft man sich mit Freunden immer öfter zu Hause. Aber manchmal braucht man eine andere Kulisse, andere Gesichter, andere Geschichten, dafür hat man Bekannte. Glaubt man den Zeitschriften und Magazinen, ist eine Verabredung mit Bekannten ohnehin der erste Schritt zum Ausstieg aus dem Prekariat. Ohne Networking geht heutzutage nichts. Mit zunehmendem Alter schlagen Bekannte eigentlich immer einen Restaurantbesuch vor. Und mit dem Alter steigt auch die Preisklasse der Restaurants.
Spätestens mit dem Blick auf die Speisekarte erhält die Lust auf unbeschwerten Smalltalk einen Dämpfer. Man bestellt, was man sich leisten kann: ein Bier aus der Region und Gemüse der Saison. Und dann fängt jemand an, vom letzten Trip nach New York zu schwärmen, und ein anderer berichtet vom australischen Outback. Möchte man den Rest des Abends nicht depressiv schweigend am Tisch verharren, sollte man den anderen eine Teilhabe am prekären Lebensgefühl ermöglichen, beispielsweise mit einer eleganten Überleitung zum Thema der eigenen Ökobilanz. Das spärliche Menü, vor dem man sitzt, beweist, dass man es ernst meint. Die anderen mustern mit schuldbewusstem Blick die Teller und versenken die I-Phones mit den Urlaubsbildern verschämt in der Hosentasche. Und wenn man sich am Ende des Abends fröstelnd in Richtung seines Fahrrads begibt, während die anderen sich Taxis heranwinken, fühlt sich das zwar immer noch armselig an, aber dafür hat man die fucking great Ökobilanz, die gerade alle haben wollen. Sagen zumindest die Zeitschriften und Magazine.