Zum halben Preis

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Mit Journalistenpreisen ist es wie mit Hämorrhoiden. Irgendwann kriegt sie jeder Arsch. Solche Witze erzählen natürlich nur Journalisten, die nie einen Journalistenpreis erhalten haben und auch keinen erwarten können. Dazu zählten, zumindest was als seriös geltende Jounalistenpreise betrifft, bis vor kurzem auch die Mitarbeiter der Bild-Zeitung. Zwar erhielt Bild bereits im vorigen Jahr den Herbert-Quandt-Medienpreis, ausgezeichnet wurde die Serie »Geheimakte Griechenland«. Nörgler mahnten auch damals, so ein Preis dürfe doch ­eigentlich nur für seriöse Berichterstattung vergeben werden. Doch die Quandt-Stiftung will »das Verständnis für die marktwirtschaftliche Ordnung und für die Bedeutung des privaten Unternehmertums« fördern, somit ist die Auszeichnung ernstzunehmender journalistischer Arbeiten von vorneherein ausgeschlossen. Überdies wird der Preis im Gedenken an »das Lebenswerk des Unternehmers Herbert Quandt« verliehen, der als Juniorpartner seines Vaters Günther eines der bedeutendsten NS-Rüstungsunternehmen leitete, das sogar ein firmeneigenes KZ unterhielt. Und die Hetze gegen die »Pleite-Griechen« belegt trefflich, dass Quandts »Überzeugungen und Werte bis heute Gültigkeit haben«.
Wie aber verhält es sich mit dem Henri-Nannen-Preis? Der wurde in der vorigen Woche im Bereich »Investigation« für die Erstveröffentlichung über die Kreditaffäre des damaligen Bundespräsidenten Christian Wulff an Nikolaus Harbusch und Martin Heidemanns von der Bild-Zeitung vergeben – zur Hälfte, doch die drei Redakteure der Süddeutschen Zeitung, ausgezeichnet für die Aufdeckung dubioser Geschäfte der Bayerischen Landesbank mit dem Formel-1-Imperium Bernie Ecclestones, wollten ihren Preis nicht haben, wenn sie ihn mit Bild teilen müssen. Die Jury meinte, die Wulff-Affäre sei »ein Fall von größtmöglicher Fallhöhe«. Zwischen der Bild-Zeitung und Wulff bestand »keine journalistische, sondern eine geschäftsmäßige Beziehung«, stellt eine Studie der Otto-Brenner-Stiftung fest. Nach einer Vielzahl hagiographischer Artikel über Wulff entschied sich Bild am 12. Dezember 2011, diese Beziehung mit sofortiger Wirkung aufzukündigen. Fairerweise muss man einräumen, dass Wulff zuvor weitaus mehr von der Gunst der Bild-Zeitung pro­fitiert hat als umgekehrt, und es muss harte Arbeit gewesen sein, ihn jahrelang als glamourösen Politiker mit Herz darzustellen. »Politik ist, zu wissen, wann man abdrückt«, sagte nicht Kai Diekmann, sondern Don Cor­leone. Mit investigativem Journalismus hat das wenig zu tun. Bild wird für den »Fall«, den Rücktritt Wulffs ausgezeichnet, aber die Journalisten der Zeitung glauben nun, in die Reihen der zivilisierten Menschheit aufgenommen worden zu sein. Es ist jedoch wie bei Don Corleone, der sich sehr bemühte, als ganz normaler Unternehmer zu gelten. So wichtig die Anerkennung ist, das Kerngeschäft läuft anderswo.