»Für manche Leute ist es etwas zu viel«

Seit Mitte März protestieren zehn iranische Flüchtlinge in einem Zelt in der Innenstadt von Würzburg (Bayern) gegen die Bedingungen, unter denen sie leben müssen (Jungle World 18/2012). Sie traten zeitweise in den Hungerstreik, um ihre Anerkennung als politisch Verfolgte zu erzwingen und weitere Forderungen durchzusetzen. Im Mai bewilligte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) sechs Anträge auf Asyl. Am Montag haben die iranischen Flüchtlinge den Hungerstreik unter verschärften Bedingungen wiederaufgenommen, zwei von ihnen haben sich ihren Mund zugenäht. Soheil Hatamakia, der Sprecher der Gruppe, beschreibt die Lage.

Aus welchem Grund hat sich Ihre Gruppe zu diesem drastischen neuen Schritt entschlossen?
Der Grund ist die Ablehnung der Asylanträge der verbleibenden vier Leute durch das BAMF. Es ist die freiwillige Entscheidung von zwei von uns, auf diese Weise den Hungerstreik fortzuführen. In den nächsten Tagen werden weitere den Hungerstreik antreten.
Welche Forderungen wollen Sie mit dem erneuten Streik durchsetzen?
Wir fordern das BAMF auf, unsere Asylanträge, die nun beim Verwaltungsgericht liegen, wieder an sich zu nehmen und zu bearbeiten. Darüber hinaus fordern wir die Abschaffung der Residenzpflicht und der Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften. Wir haben insgesamt zehn allgemeine Forderungen aufgestellt, die wir in Pressemitteilungen und auf unserer Website öffentlich gemacht haben. Wir verlangen, dass die Behörden diese Forderungen, die für alle Flüchtlinge gelten, bearbeiten.
Wie reagiert die Bevölkerung in Würzburg auf Ihren Protest?
Wir haben ungefähr 5 000 Unterschriften von Menschen gesammelt, die unsere Forderungen unterstützen. Die neue Situation ist für manche Leute vielleicht etwas zu viel, manche distanzieren sich. Aber unsere Helfer sind immer noch hier, sie haben sich gestern hier angekettet. Wir haben also immer noch Unterstützung, obwohl manche den Ernst der Situation nicht ertragen können.
Haben sich die Behörden schon zu Ihrem erneuten Hungerstreik geäußert?
Nein. Wir haben noch keine Antwort oder Reaktion erhalten.
Haben Vertreter des Bundesamts für Migration in jüngster Zeit Ihr Protestzelt aufgesucht, um sich ein Bild von der Situation zu machen und mit Ihnen zu verhandeln?
Nein. Zurzeit kommt niemand vorbei. Es läuft alles über Schriftverkehr.