Assads Regime bröckelt

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Das Überläufer-Business ist schwierig. Zu spät oder zu früh überzulaufen, bedeutet im Zweifelsfall den Tod. Nawaf Abboud al-Fares, vormals Botschafter Syriens im Irak, hat sich jüngst für einen solch radikalen Karriere­schnitt entschieden. Er ist zurückgetreten und übergelaufen.
Nawaf Fares kann auf eine feine Karriere zurückblicken: Chef der Sicherheitsdienste in der Provinz um Latakia, der Herkunftsregion der Assads an der syrischen Mittelmeerküste, später Gouverneur dort, Oberhaupt der Ba’ath-Partei in Deir al-Sor im Osten Syriens, an der ähnlich bedeutenden Grenze zum Irak. Sogar als Innenminister soll er im Gespräch gewesen sein, ein Mann mit direktem Draht zum Präsidenten. Sein letzter Job war besonders sensibel: Als erster syrischer Botschafter in Bagdad seit 30 Jahren war er spätestens seit 2008 für die überlebenswichtige Verbindung des syrischen Regimes zum Iran mitverantwortlich. Er stammt aus einer Region an der Grenze zum Irak, wo er Sheikh einer wichtigen sunnitischen Stammeskonföderation ist, die auf beiden Seiten der Grenze lebt. Durch diese karge Region wurden von Syrien aus jahrelang die Jihadisten für den sogenannten irakischen Widerstand eingeschleust, um zuerst GIs und dann am Ende fast ausschließlich Iraker umzubringen.
Angeblich haben Nawaf Fares nun die moralischen Bedenken übermannt, die Grausamkeiten des syrischen Regimes wolle er nicht mehr mittragen. Aber es geht schließlich auch um wertvolle Kundendateien und seine Fähigkeiten als Vermittler in der Region. Wer außer ihm könnte interessierte Kreise in den USA und am Golf, wo er sich sicherheitshalber mittlerweile aufhält, besser über Details der terroristischen Geschäftskontakte zwischen Syrien und dem Iran aufklären? In einem Interview mit dem Sunday Telegraph hat er gerade verbreitet, dass die jüngsten Bombenanschläge in Damaskus vom Regime via al-Qaida bestellt gewesen seien, um die Weltöffentlichkeit gegen die Rebellen einzunehmen. Das ist mit Sicherheit eine von Interessen geleitete Aussage. Der Mann möchte schließlich einen neuen Job. Nur ist er exakt derjenige, der gerade das getan haben könnte, wovon er nun so freimütig erzählt.
Vielleicht wird Fares ja doch noch syrischer Innenminister. Das Überläufer-Business in Syrien beginnt nämlich langsam, aber sicher zu boomen. Hübsch wird das alles mit Sicherheit nicht.