Die westliche Linke und die syrische Revolution

Left in the dark

Die westliche Linke geht auf Distanz zur syrischen Revolution. Die Begründungen dafür erinnern an die Rechtfertigungen für die Unterstützung rechtextremer Diktaturen während des Kalten Krieges.

»Er ist ein Schweinehund, aber er ist unser Schweinehund«, soll US-Präsident Dwight D. Eisenhower über Rafael Trujillo, den Diktator der Dominikanischen Republik, gesagt haben. Als Zitat nachweisbar ist diese Bemerkung nicht, es handelt sich offenbar um eine jener erfundenen Aussagen, die bereitwillig weitergegeben werden, weil sie die historischen Fakten so treffend zusammenfassen. Im Kampf gegen tatsächliche und vermeintliche Kommunisten unterstützten westliche Regierungen während des Kalten Krieges diverse rechtsextreme Diktaturen, und es war die Linke, die Sanktionen forderte und häufig auch den bewaffneten Kampf gegen die Regime unterstützte. Wer in den achtziger Jahren die nicaraguanischen Sandinisten aufgefordert hätte, endlich die Waffen niederzulegen und mit dem Diktator Anastasio Somoza zu verhandeln, wäre mit der geballten Empörung der Linken konfrontiert gewesen. Zu behaupten, Sanktionen gegen Diktatoren schadeten in erster Linie den Armen, blieb rechtkonservativen Politikern wie Franz Josef Strauß überlassen.
Nun aber haben antiimperialistische Linke und die Friedensbewegung den Westerwelle in sich entdeckt. Befreiung war gestern, was Syrien nun brauche, sei »ein Übergangsregime, selbstverständlich unter Mitwirkung des gegenwärtig herrschenden Regimes«, meint etwa Professor Mohssen Massarat. »Sanktionen schaden dem syrischen Volk«, urteilt die United National Antiwar Coalition (Unac), ein Zusammenschluss von Friedensgruppen in den USA. Die Argumentation greift weit über die Ablehnung einer ausländischen Militärintervention hinaus, wenn vom Westen auch die Rücknahme ökonomischer Maßnahmen und, verborgen hinter Begriffen wie »Kompromiss« und »politische Lösung«, von der Opposition ein Verzicht auf Demokratie und Menschenrechte gefordert wird.
Die Widersprüche sind offensichtlich. Einerseits wird die Einmischung in innere Angelegenheiten Syriens beklagt, andererseits gibt es strenge Vorgaben für die Opposition. Zwar erlaubt es die unklare Informationslage angeblich nicht, sich ein Urteil über die Situation in Syrien zu bilden, dass »die Bewegung in den sektiererischen islamischen Fundamentalismus abgeglitten ist«, wie etwa Patrick Cockburn in Counterpunch schreibt, weiß man aber schon. Und es handelt sich um böse Jihadisten, anders als im Gaza-Streifen. Dort ist im Unterschied zu Syrien das Kräfteverhältnis zwischen Islamisten und Säkularisten zwar deutlich zu erkennen, aber man weiß ja, wer Schuld hat, wenn es zu Gewalt kommt.
Nicht jeder bekennt so offen wie Dan Glazebrook in Counterpunch, dass mit dem syrischen das iranische Regime geschützt werden soll, damit dieses weiterhin der Hamas »die Raketen, die derzeit die einzig wirksame Abschreckung« darstellten, liefern könne. Dass eine Erweiterung des Einflusses der USA verhindert werden müsse, ist hingegen common sense und gilt als entscheidender Maßstab. Damit ist ein großer Teil der Linken bei jener verlogenen und menschenverachtenden Haltung angekommen, die meist als Realpolitik bezeichnet wird, obwohl sie keineswegs realistisch ist. Denn letztlich wurden Trujillo und Somoza doch noch erschossen. Am Ende ist der Schweinehund meistens ein toter Schweinehund.