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»Ich glaube nicht, dass wir das Spiel verloren hätten, wenn es 1:1 ausgegangen wäre.« Gut, Uli Hoeneß, von dem dieser denkwürdige Satz stammt, ist gerade erst dabei, sich zu einem Experten in Sachen Niederlagen zu mausern. Aber wie die Geschichte zeigen wird: Er kann es sich leisten. Das Privileg des Scheiterns ist unser Schwerpunktthema diese Woche, aber ums Scheitern geht es, wenn man’s recht bedenkt, in so ziemlich jedem Artikel dieses Heftes, und das, obwohl wir diesmal gar nicht über Ober-Loser Peer Steinbrück und die SPD berichten. Denn auch da, wo Siege erzielt werden, geschieht dies ja dank der Niederlagen anderer, wie etwa in Venezuela (Seite 12). Besonders großartig gescheitert ist die italienische Demokratische Partei, die im Loserranking diese Woche sicherlich Platz Eins belegt (Seite 15). Es geht natürlich auch um von der Leyens gescheiterte Frauenquote (Seite 6) und wie immer um Krisen, Krisen, Krisen, deren es bekanntlich mehr als genug gibt (wer hat keine?), und in diesem Zusammenhang auch um das »Mekka der Frustrierten aus ganz Europa« (Seite 7). In der Reportage (Seiten 10/11) geht es um gescheiterte Existenzen im gen­trifizierten Istanbul und auf der Wirtschaftsseite (Seite 16) um jene, die die Verlierer des Freihandelsabkommens zwischen der EU und Indien sein werden. Die Nazis hierzulande scheitern vor allem an sich selbst, erfahren wir auf der Antifa-Seite (Seite 19), und im Dschungel (Seiten 4/5) wird darüber berichtet, weshalb die Kunstfreiheit bei der Biennale in den Vereinigten Arabischen Emiraten nichts zu gewinnen hat. Leo Fischer nimmt viel zu »makellos verlotterte« Loser ins Visier (Dschungel-Seite 15), und auf der Comic-Seite scheitert »Zuhause während der digitalen Revolution« am veganen Lebenswandel.
Einfach mal aufgeben dürfen, ohne gleich wieder von vorne anfangen zu müssen, ohne gleich wieder oben mitmischen zu wollen, ach ja, wäre das schön! Aber in Deutschland lernt man das eben anders: zwei Weltkriege anzetteln, verlieren und nachher sofort wieder den dicken Max markieren. »Ich habe erkannt, dass ich einen schweren Fehler gemacht habe«, erklärt jetzt großmütig Uli Hoeneß, aber nicht ohne zu drohen: »Gegen die Exzesse in einigen Berichterstattungen werde ich mich anwaltschaftlich zur Wehr setzen.« Einer Münchner Redaktion kündigte er an: »Für die wird das richtig teuer.« Und wieder lernen wir: Niederlagen muss man sich leisten können. Und wollen! Wir hoffen dennoch, dass Sie jetzt nicht den Überblick verloren haben und unsere Zeitung auch diese Woche mit Gewinn lesen. Keep smiling!