Patchworkartiges Grundgefühl

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Bei Suhrkamp ist gerade die Anthologie »Berlin bei Nacht« mit Geschichten vom Ausgehen in der Hauptstadt erschienen. Im selben Verlag erschienen auch Rainald Goetz’ großartige Hommage an das Nachtleben, »Rave«, und Tobias Rapps kluges Buch »Lost and Sound« über die Berliner Technoszene, den internationalen Easyjetset und die Globalisierung der Feierkultur. Nun untersuchen 23 der Pop- und Clubkultur mehr oder weniger verbundene Autoren und Autorinnen, darunter Annett Gröschner, Imran Ayata, Ann Cotten und Jenny Zylka, die verschiedenen Aggregatzustände beim Abfeiern. Meistens geht es aber nur um die Sehnsucht nach dem großen Rausch und sehr oft um die Ernüchterung, wenn er ausbleibt. Öde geworden ist nachts der Prenzlauer Berg, findet Annett Gröschner, und Klaus Bittermann entdeckt in Kreuzberg vor lauter Diskurs den Pop nicht mehr. Die Angst beim Warten in der Schlange auf den Einlass ins legendäre Berghain schildert Marc Fischer ganz plastisch am Beispiel einer Gruppe spanischer Studenten. Ist man richtig angezogen, wird man drinnen zum Sex aufgefordert, findet man sich in den Katakomben zurecht? Falls man überhaupt reinkommt. Kerstin und Sandra Grether erzählen in einem hübsch aufgekratzten Text von zwei Freundinnen der Nacht, die zu viel trinken. Dirk Knipphals fragt nach dem besonderen Berlin-Gefühl und kommt zu dem Schluss, dass es nicht existiert. Was es aber gibt, ist ein »patchwor­kartiges Grundgefühl«.

Susanne Gretter (Hg.): Berlin bei Nacht. Suhrkamp, Berlin 2013, 258 Seiten, 7,99 Euro