Befürchtet Fahnenschwenkterror

Fahnenalarm!

Die von der Uefa geplante Länderteam-Liga gibt Nationalisten noch mehr Anlass zum Fähnchenschwenken und Schland-Gebrülle.

R U mad, Uefa? Was gegen den neuesten Plan des europäischen Fußballverbandes, Nationalmannschafts-Freundschaftsspiele durch Länderteam-Ligen zu ersetzen, vorliegt, ist schnell erklärt: Grundsätzlich ist alles abzulehnen, was doofen Deutschland-Fans die Möglichkeit gibt, Fahnen zu schwenken, knalltütige Gesänge anzustimmen und hupend durch Innenstädte zu fahren beziehungsweise in andere Länder zu reisen und dort mit ihrem Schland-Gegröhle Bewohner zu terrorisieren. Und natürlich auch alles, was deutsche Sportreporter dazu bringt, aufgeregt zu werden, also unglaubliche Mengen Nationalstuss zu erzählen sowie arrogante Häme zu verbreiten.

Nun könnte man einwenden, dass es im Grunde ziemlich egal ist, ob die Deutschdeppen sich anlässlich von Freundschaftsspielen oder von Nationalliga-Begegnungen so benehmen, wie sie sich erfahrungsgemäß immer benehmen. Ist es aber nicht, denn der Uefa geht es darum, die Nationalteams in ihrem Sinne optimal zu verwerten, und deswegen versucht man, so eine Art Europameisterschaft der Spitzenmannschaften zu installieren. Geplant sind mehrere Ligen, aus denen auf- und abgestiegen werden kann. In der ersten wird die Elite kicken, also Italien, Portugal, Deutschland, Spanien, die Niederlande, England. Das hat zwar den Vorteil, dass das ganze herablassende Hutschiwutschi entfällt, mit dem deutsche Sportreporter gern über kleine Nationalmannschaftsgegnerländer berichten. Aber zu welchem Preis? Genau, statt lustiger Anekdoten über Amateurkicker, die im Hauptberuf als Schlosser arbeiten und täglich nur eine Stunde Zeit für das Training haben, sowie arrogant-jovialen Kommentaren über deren Können wird es pausenlos Aufregung geben, denn nun steht für die Nation im Ligabetrieb ständig irgendwas auf dem Spiel, und das auch noch gegen die traditionellen Angstgegner. Das allein wird schon ausgesprochen unschön.
Da aber vielleicht nicht jedes Land den Uefa-Unsinn so ernst nehmen wird wie dieses hier, besteht außerdem die Gefahr, dass die Fähnchenwedler und Deutschlandbrüller und Sieg!-Huper ihr schändliches Tun selbst für hiesige Verhältnisse ungewöhnlich oft verfolgt werden – ach, es wird ein Elend. Denn, immerhin, bislang war man vor dem Treiben der Nationalidioten an Freundschaftsspieltagen relativ sicher, schließlich kam selbst der dusseligste Deutschdepp aus, ­sagen wir: Cottbus noch nicht auf die Idee, einen 5:0-Sieg gegen Moldawien zum Anlass für einen ausgedehnten Autokorso zu nehmen.
Und damit sind wir auch schon bei einem weiteren Punkt, der gegen den Uefa-Plan spricht: Die geplanten Ligen berücksichtigen ausschließlich die Interessen der traditionell erfolgreichen Fußballnationen, die bei ihren Spielen mit weltweitem Zuschauerinteresse und damit größtmöglicher Attraktivität für Sponsoren rechnen dürfen. Wer in der 9. Liga spielt, hat nur noch bei Europa- und Weltmeisterschaften die Chance, gegen die Spitzenauswahlen anzutreten, ansonsten muss man nach Liechtenstein, San Marino, Gibraltar oder Malta reisen, was für die Fans aus diesen Ländern durchaus sehr langweilig zu werden verspricht.

Dass der Uefa-Plan aber auch hinsichtlich der Entwicklung nicht ganz so erfolgreicher Fußballnationalmannschaften eine ganz dumme Idee ist, zeigt sich daran, dass die Einteilung der Ligen nach dem sogenannten Fifa-Koeffizienten vorgenommen werden soll, nach dem auch entschieden wird, in welchen Auslosungstöpfen Nationalmannschaften bei den großen Wettbewerben platziert werden. Dieser Koeffizient setzt sich aus allen Länderspiel-Ergebnissen zusammen, die Fifa berechnet dabei auch die Stärke des jeweiligen Gegners, so dass bisher ein Sieg von, sagen wir: Zypern über Deutschland in einem Freundschaftsspiel wichtige Extrapunkte bringen konnte. Die – zumindest theoretisch bestehende – Chance, durch gute, kontinuierliche Arbeit und Überraschungssiege über große Teams in der Rangliste aufzusteigen und beispielweise mehr Sponsoren für das Team zu interessieren, ist allerdings dahin, wenn die schlechtesten Nationalmannschaften künftig nur noch unter sich spielen und allenfalls bei den großen Turnieren auf bessere Gegner treffen können.
Die deutschen Fähnchenwedler in den Kurven und auf den Presseplätzen werden solche Details allerdings nicht stören, die Spiele der unteren Nationalligen werden dazu vermutlich als putzige Wasesnichtallesgibt-Ausschnitte im Fernsehen am Rande erwähnt, also keine Chance mehr für Fans, mal außerhalb von EM und WM nachzugucken, wie es um die Kickerei in anderen Ländern so steht. Es wird, wie gesagt, ein allumfassendes Elend. R U mad, Uefa?