Der Rechtsweg ist aus­geschlossen

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Es ist schon seltsam. Als die US-Regierung den deutschen Außenhandelsüberschuss kritisierte, waren die Unternehmerverbände empört. »Wir haben deshalb Überschüsse, weil wir so gut sind«, sagte Anton Börner, Präsident des Bundesverbandes Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA). Wer so gut ist, sollte eigentlich auch seine Stromrechnung selbst begleichen können. Doch 2 300 Unternehmen mit besonders hohem Stromverbrauch zahlen nur 0,05 Cent Ökostrom-Umlage pro Kilowattstunde, weniger als ein Prozent dessen, was ein Privathaushalt zahlt. Allein die Tatsache, dass Umweltminister Peter Altmaier mit der EU über einen Abbau dieser Subventionen verhandelt, sorgt für Empörung. »Eine Zusatzbelastung durch eine – wie auch immer geartete – Umlage würde das Fass zum Überlaufen bringen«, sagte Utz Tillmann, Hauptgeschäftsführer des Verbands der Chemischen Industrie.
Falsch ist daher die Behauptung, die Unternehmer wünschten sich einen schwachen Staat. Sie wünschen sich einen starken Staat, der sie nichts kostet, sich aber unermüdlich für ihre Interessen einsetzt – gegenüber der EU, im globalen Wettbewerb, aber auch im Kampf gegen die lästigen checks and balances, die stets auf’s Neue die Geschäftstätigkeit stören. So wird in Großbritannien ein Gesetz diskutiert, das politische Kampagnen von Nichtregierungsorganisationen und Gewerkschaften erheblich einschränken würde. Aber auch der Rechtsstaat steht zur Disposition, denn immer wieder kommt es vor, dass Gerichte kein ausreichendes Verständnis für unternehmerische Belange aufbringen. Zum Freihandelsabkommen zwischen den USA und der EU, über das derzeit verhandelt wird, soll deshalb das investor-state dispute settlement gehören. Im Streitfall kann sich der Unternehmer demnach an ein geheim tagendes Gremium von Unternehmensanwälten wenden, gegen dessen Entscheidung keine Berufung möglich ist. Baut also ein Investor eine Fabrik in Deutschland und zahlt die derzeit ­legalen Niedrigstlöhne, kann er die Bundesregierung verklagen, wenn sie einen Mindestlohn einführt, da ihm dadurch Profit entgangen ist. Eine Erhöhung der Ökostrom-Umlage muss sich ein ausländischer Unternehmer dann auch nicht bieten lassen, und man darf annehmen, dass die deutsche Konkurrenz bald ebenfalls ein Verfahren jenseits des Rechtsstaats fordern wird. Nun möchte man glauben, dass keine Regierung so dämlich sein kann, eine solche Regelung zu unterschreiben. Doch sie ist bereits Bestandteil zahlreicher Freihandelsabkommen und stößt auch bei SPD und CDU/CSU bislang nicht auf Kritik. War es bislang Aufgabe des kapitalistischen Staats, unternehmerische Tätigkeit zu schützen und zu fördern, wird er nach internationalem Recht wohl bald auch ­einen angemessenen Profit garantieren müssen.