Kolumne »Notizen aus Neuschwabenland«

Sezessionisten trennen sich

Diese Kolumne berichtet zukünftig über das Milieu der »Neuen Rechten«. Teil 1: Der Streit zwischen dem Institut für Staatspolitik und der Jungen Freiheit.

Die lange schwelenden Differenzen zwischen der Wochenzeitung Junge Freiheit (JF) und dem Kreis um das Institut für Staatspolitik werden immer deutlicher. Beim InStaPol hält man JF-Chefredakteur Dieter Stein für einen Spießer, der sich an einem »seriösen« Konservatismus versucht: mehr Sarrazin und AfD, weniger Reichsmythos, Mussolini und Carl Schmitt. Der neue Internet-Auftritt der Zeitung strahlt ausreichend Biederkeit aus. Dass sie sich jetzt »Wochenzeitung für Debatte« nennt, hat ihr nicht wenig Häme beschert. »Auseinandergelebt«, so lautet der derzeitige Bezieh­ungsstatus aus Sicht des InStaPol und dessen Hauszeitschrift Sezession. Die »Sezessionisten« kreisen am liebsten um die eigene Intransigenz. Letztlich ist ihr revolutionärer Habitus ebenso albern wie der krampfhafte Versuch der JF, sich einen bürgerlich-konservativen Anstrich zu geben. Jenseits der Verpackungsfragen unterscheiden sich die Ziele aber wenig. Wer mehr über »Die deutsche Stimme der Jungen Freiheit« wissen will, sollte das gleichnamige Buch von Helmut Kellershohn (Münster 2013) lesen.
Die Zwistigkeiten legen den Verdacht nahe, dass die JF der zweiten Rechtsaußen-Fachmesse namens »Zwischentag« im Oktober vorigen Jahres nicht nur wegen der nahezu gleichzeitig veranstalteten Frankfurter Buchmesse fernblieb. Organisator des Treffens war erneut Götz Kubitschek vom Antaios-Verlag. Der ehemalige Offizier, InStaPol-Gründer und verantwortliche Redakteur der Sezession hat nun verkündet, das nächste Treffen dem Nachwuchs der »Blauen Narzisse« zu überantworten: »Der ›Zwischentag‹ geht organisatorisch in die Hände der Truppe um Felix Menzel über.« Damit ist Kubitschek seinem bisherigen kurzlebigen Aktionismus treu geblieben. Die von ihm vor einigen Jahren begründete »Konservativ-subversive Aktion« schlief bald wieder ein. Das Konzept der »Identitären Bewegung« trug er selbst wieder zu Grabe, kaum nachdem er es aus Frankreich importiert hatte.
Antaios hat die deutsche Übersetzung des Casa-Pound-Romans »Wer gegen uns« von Domenico di Tullio angekündigt, dem Anwalt der römischen »Faschisten des dritten Jahrtausends«. Pech hatte der Verlag mit der neu aufgelegten »Edition Nordost«. Horst Langes 1944 erschienene Ostfront-Erzählung »Die Leuchtkugeln« wurde auch vom ebenfalls rechtsschillernden Arnshaug-Verlag auf dem Markt gebracht. Nun hat auch noch der Versandhändler Amazon einige Titel aus dem Sortiment genommen. Darunter Jean Raspails »Sieben Reiter verließen die Stadt«, von dem Kubitschek meinte, es könne »eines der literarischen Kultbücher der konservativen, rechten Szene werden«. Amazons Maßnahme sei »existenzbedrohend«, durch die dortigen Kaufempfehlungen seien dem Verlag viele Neukunden zugeführt worden. Die Sezession rief zu Protesten auf. Prompt schrieb Lorenz Jäger in der FAZ von »Versandjustiz«, obwohl er eigentlich den ultrarechten Kreisen seine Sympathien aufgekündigt hatte. In der JF nahm sich Torsten Hinz unter seinem Pseudonym »Doris Neujahr« des Falls an und wartete gar mit einer marxistisch anmutenden Analyse auf: Von einer »globalen Bewusstseinsindustrie amerikanischer Provenienz« ist zu lesen, deren Machtkonzentration den Prinzipien des freien Marktes widerspreche. Darüber sei nicht mehr »in den begrifflichen Kategorien des liberalen, nur noch in denen des internationalen Monopolkapitalismus« zu sprechen.
Das aktuelle Heft der Sezession beschwört die Geister von 1914 und schwelgt, wie auch die JF, im Erfolg der »Schlafwandler« von Christopher Clark. Verbreitung findet auch ein »Frankfurter Aufruf« zur Ehrung »unserer Gefallenen und Opfer« des Ersten Weltkriegs. So weit, so absehbar. In der Krim-Krise hält man zu Putin. Wie schon im Georgien-Krieg 2008 entsprach dessen Politik ganz dem Geschmack verhinderter deutscher Großraumstrategen. Könnten sie nur selbst …