Die Wiederwahl von Bashar al-Assad

Giftiges Selfie

In Syrien wurde Bashar al-Assad wiedergewählt. Derweil geht der Krieg weiter.

Überraschend ist das Ergebnis nicht gerade: Bashar al-Assad ist mit überwältigender Mehrheit als syrischer Präsident bestätigt worden. Er hatte dabei erstmalig zwei »Gegenkandidaten«. Die mussten auch ein paar Prozent Wählerstimmen abbekommen, sonst wäre es ja keine echte Wahl gewesen. Also bekam Assad nur 88 Prozent der Stimmen statt wie beim letzten Mal 95 Prozent. Dass die Wahl am 3. Juni ordnungsgemäß abgelaufen ist, haben übrigens »internationale Beobachter« bestätigt. Auch das überraschte nicht sehr, da die meisten von ihnen aus Russland und dem Iran kamen – aber auch Nordkorea hatte Experten geschickt. Gewählt werden konnte natürlich nur in den Gebieten, die noch unter Regierungskontrolle stehen, und der ganze Wahlprozess war noch etwas übungsbedürftig: Da meldeten etwa ausländische Journalisten aus der syrischen Botschaft in Beirut, dass sie eigentlich auch hätten wählen können, weil sich niemand die Mühe machte, Wahllisten zu überprüfen. Im Staatsfernsehen war wiederum eine Reporterin zu bewundern, die nicht wusste, dass sie bereits auf Sendung war und so den begeisterten syrischen Wählern vor der Kamera live erklärte, was sie gleich spontan zum Besten geben sollten.
Originell an dieser Farce war alleine die bemühte Akribie, mit der solche Diktaturen mittlerweile glauben, Wahlen nachspielen zu müssen. Der Freiheitsduktus der arabischen Aufstände findet so einen trüben und traurigen Widerschein. Auch die »Wahlkampagne« Assads war modern gestaltet, vom Selfie des Präsidenten bis zu Wahlkampf­spots, die als Hohn verstanden werden konnten: So wie 2011 der Anlass zum Aufstand gegen Assad durch die Verhaftung und Folterung von Kindern gegeben war, die Graffiti an Schulwände gekritzelt hatten, zogen in der Wahlwerbung nun Kinder durch eine Schule und malten Pro-Assad-Sprüche an die Wände.
Der Alltag rund um die Wahlfestivitäten des Regimes blieb im Übrigen für die meisten Syrier gleich: Wo das Regime nicht »wählen« lassen konnte, warf es Bomben auf die renitente Bevölkerung. Mittlerweile sind das hauptsächlich Fassbomben, schnell zusammengebaute Blechbehälter, angefüllt mit Sprengstoff, Öl und Eisenschrott, die einfach nur möglichst große Verwüstung anrichten sollen. Aber das interessiert niemanden mehr so richtig, ebenso wenig der offensichtlich fortgesetzte Einsatz von Giftgas in Syrien. Es sind lokal begrenzte Ereignisse, die Gasmischungen sind neu und unbekannt und damit nicht zu identifizieren. Und die Zahl der Opfer ist nicht hoch genug, um die internationale Aufmerksamkeitsschwelle auch nur zu berühren. Vom US-Präsidenten und Friedensnobelpreisträger Barack Obama, der sich im Sommer vorigen Jahres im Gestrüpp seiner um den Giftgaseinsatz in Syrien gezogenen »roten Linien« fast verhedderte, ist dazu sowieso nichts zu hören. Bemerkenswert ist allerdings, dass sich bekannte Politiker von ­Obamas verheerender, inaktiver Syrienpolitik abgrenzen: Robert Ford, der ehemalige US-Botschafter in Syrien, gab nach seinem Rücktritt nun bekannt, er habe für die Syrien-Politik nicht länger persönlich einstehen können. Und Obamas ehemalige Außenministerin Hillary Clinton unterstreicht dem Vernehmen nach in ihrer demnächst erscheinenden Autobiographie, dass sie die syrischen Aufständischen habe unterstützen wollen, wogegen der Präsident allerdings sein Veto eingelegt habe.