Ab nach Cayenne

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Cayenne, die Hauptstadt von Französisch-Guyana, wurde lange Zeit mit Verbannung und Zuchthaus in Verbindung gebracht. Bis 1947 war die Cayenne vorgelagerte »Teufelsinsel« eine berüchtigte Strafanstalt. Rassismus war zu jener Zeit nicht strafbar, seit 1972 gilt er in Frankreich jedoch als eigener Straftatbestand, 1990 und 2004 wurde das diesbezügliche Gesetz verschärft. Zuchthaus gibt es nicht mehr, sondern Geld- und in schweren Fällen auch Gefängnisstrafen. Letztere werden jedoch nur selten verhängt. Eine Ausnahme gab es nun im Fall der vormaligen Kandidatin des Front National (FN) für die Lokalwahlen in Rethel, Anne-Sophie Leclere. Sie wurde am Dienstag voriger Woche vom Gericht in Cayenne wegen »Volksverhetzung« und Beleidigung zu neun Monaten Haft verurteilt, außerdem muss sie eine Strafe in Höhe von 50 000 Euro zahlen und darf fünf Jahre lang nicht bei Wahlen kandidieren. Am 17. Oktober hatte die Fernsehsendung »Envoyé spécial » gezeigt, wie Leclere auf ihrer Facebook-Seite die schwarze, aus Französisch-Guyana stammende Justizministerin Christiane Taubira mit einem Affen verglich. Vor laufender Kamera redete sich die damals 33jährige Ladenbesitzerin, die die FN-Liste zur Rathauswahl im März dieses Jahres anführen sollte, um Kopf und Kragen. Schwarze seien »keine Affen, sondern Menschen«, räumte Leclere ein, aber sie habe doch nur sagen wollen, Taubira sei »eine Wilde« und hänge »besser an Zweigen, als in der Regierung zu sitzen«. Die rechtsextreme Partei schloss ihre Kandidatin daraufhin wegen des drohenden Imageschadens aus.
Das französische Recht sieht zwar normalerweise vor, dass jenes Gericht für eine Straftrat zuständig ist, in dessen Einzugsbereich sie begangen wurde. Aber bei Straftaten im Internet kann jedes Gericht angerufen werden, da die Äußerung überall empfangen werden kann. Zwar kann der oder die Beklagte verlangen, dass die Strafsache näher am eigenen Wohnort verhandelt wird, doch dafür muss ein Antrag gestellt werden. Leclere versäumte dies. Das Gericht war durch eine guyanische Regionalpartei angerufen worden. Leclere will nun in Berufung gehen. Eine von der faschistischen »identitären Bewegung« lancierte Internetpetition will Geld für die Begleichung ihrer Strafe sammeln – das aber ist ausdrücklich verboten und könnte erneut bis zu 45 000 Euro kosten. Immerhin muss Leclere nicht mehr mit einer Eisenkugel am Fuß nach Cayenne.