Dreifaltiges Gift

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Die Band Ween war das wohl wichtigste Indie-Psych-Soul-Fake-Geschwisterpaar der neunziger Jahre. Vielleicht auch das einzige. Ihr wildes Durcheinander aus DIY-Produktionen auf Mehrspur-Taperecordern und die darauf dokumentierte gelebte Polytoxikologie führte bei den Brüdern Gene und Dean Ween zu wahnwitzigen Platten zwischen The Manson Family und The Jackson Five.
Nach Auflösung der Band macht Sänger Gene Ween nun unter seinem bürgerlichen Namen Aaron Freeman weiter. Er hat Entgiftungen hinter sich, ist sichtlich gealtert – um seine Vergangenheit geht es ihm aber nicht, sondern um das Fortkommen und damit auch um das künftige Ein- und Auskommen als Musiker.
Die letzten Jahre von Ween müssen ein ziemlicher Rockstar-Wahnsinn gewesen sein – nur ohne Rockstar-Gehälter. Schon im ersten Stück, »Covert Discretion«, schildert Freeman den Alltag einer tourenden Band: das Ausfüllen der Formulare in den Hotellobbies, die gespielte Freundlichkeit und die Groupies am Morgen danach, die einem fast so fremd vorkommen wie das eigene Gesicht im Spiegel. Man weiß gar nicht, wohin mit seiner Scham. Doch dann plötzlich: Ein hymnisches Brian-May-Gitarren-Gegniedel und Freeman singt »Fuck you! I’m gonna live forever!« Glück gehabt. Freeman sind wie Ween auf einem evangelischen Kirchentag: Heilende Lieder für Menschen, die jedes Gift im eigenen Körper kennen und das ewige Rätsel um die heilige Dreifaltigkeit endlich gelöst, das Ergebnis aber gleich wieder vergessen haben: God, Ween, Satan.

Freeman: s/t (Partisan Records)