Notizen aus Neuschwabenland Teil 5: IS und AfD

Wertegemeinschaften im Resonanzraum

Diese Kolumne berichtet über das Milieu der »Neuen Rechten«. Notizen aus Neuschwabenland Teil 5: Das Verhältnis zum IS und zur AfD.

In der Auseinandersetzung der Neuen Rechten um das Geschehen im Nahen Osten treten interessante Dinge zutage. Martin Lichtmesz kann sich in der Zeitschrift Sezession seine Schadenfreude angesichts des jihadistischen Vormarsches nicht verkneifen. Der Westen bekomme nur, was Feministinnen und Pazifisten jahrelang gesät hätten, als sie die Kampfkraft des Mannes verteufelten, schreibt er. Da es immer jemanden geben muss, der sich noch an Alice Schwarzer abarbeitet, zieht er sie gleich als Watschenfrau für einen weiteren Schluss heran: »Der blanke Horror, den Schwarzer vor den Gotteskriegern des IS und seinen Unterstützern sowie offenbar vor dem Islam generell hat, ist auch Entsetzen angesichts ihres alten Erzfeindes, der Männerherrschaft und des ›Patriarchats‹ in seiner militantesten, selbstherrlichsten, unnachgiebigsten und von der Aufklärung am wenigsten angekränkelten Form. Schwarzers ›Islamophobie‹ hängt direkt mit ihrer ›Androphobie‹ zusammen.«
Wie so oft ist die Islamdebatte der Neuen Rechten von Abstoßung und Anziehung zugleich geprägt. Einerseits wird der Untergang der westlichen Zivilisation beschworen, andererseits der männliche Heroismus bewundert. Ein Leser der Sezession sekundierte im Forum, es sei »seltsam, dass die Werte, Krieger zu sein, ehrbar zu sein und, auf die Frau bezogen, sich den lüsternen Blicken zu entziehen, uns so abhanden gekommen sind.« Ein anderer schreibt über den Westen: »Der ›Verschwulung‹ des Mannes in der westlichen Welt entspricht die ›Verhurung‹ der Frau. Der Mann verliert seine Männlichkeit, die Frau ihre Weiblichkeit. Der Islam stellt diesen Typen den Krieger und die Keusche entgegen.« Das nennt man wohl Wertegemeinschaft. Eine solche wollte die Junge Freiheit nicht mit den »Hooligans gegen Salafisten« eingehen und veröffentlichte einen naserümpfenden Kommentar zum Geschehen in Köln. Die »seriöse« Blattlinie wird von den Lesern aber kaum geteilt, der Naziaufmarsch wird gefeiert und mit den Montagsdemonstrationen zum Ende der DDR verglichen. Der Mob als Retter vor der Barbarei, ein skurriles Szenario.
Neben den Erfolgen des IS im Ausland sind auch die der AfD im Inland Dauerthema; die Neue Rechte konnte sich noch nicht auf eine einheitliche Haltung zu der Partei einigen. Die Sezession begrüßte zwar, dass sich der »konservative Resonanzraum« mit der AfD vergrößert habe. Sehr persönlich nahm man jedoch die Aussage des Unternehmers Heinrich Weiss vom wirtschaftsliberalen Flügel der AfD, die Partei müsse die Rechten »ausschwitzen«.
Jüngst veröffentlichte Götz Kubitschek, Herausgeber des Magazins, ein Gespräch mit alten Weggefährten, die sich in der AfD engagieren. Er befragte den Gymnasiallehrer Björn Höcke, den thüringischen AfD-Fraktionsvorsitzenden, der auch schon der Jungen Freiheit Rede und Antwort stand, und den Historiker Stefan Scheil, der in Rheinland-Pfalz für die AfD in einen Kreistag gewählt wurde. Insgesamt offenbart das Interview, das sich um Begriffe wie »Volkswohl« und die »Liebe zum deutschen Volk« dreht, keine großen Differenzen.
Die AfD füllt ihre Reihen nicht nur mit neurechtem Personal, sondern widmet sich auch dem Aufbau ihrer Jugendorganisation »Junge Alternative«. Mit der Angliederung der »Jungen Alternative Bayern« an den bayerischen Landesverband verfügt mittlerweile nach dem Saarland, Nordrhein-Westfalen, Hamburg und Baden-Württemberg ein fünftes Bundesland über eine offizielle Nachwuchsorganisation. Auch andernorts schreitet die Institutionalisierung voran. Die vor allem auf Facebook aktive »Identitäre Bewegung Deu- tschland« gab bekannt, dass sie nun ein eingetragener Verein sei und »Spenden empfangen, sich gegen Verleumdungen juristisch zur Wehr setzen und Mitglieder aufnehmen« könne. Björn Höcke hat die AfD gegenüber der Blauen Narzisse als »identitäre Kraft« gepriesen und inhaltliche Übereinstimmungen mit den Identitären betont. Auch hier ist von einer Wertegemeinschaft auszugehen.