Wie soll man streiken?

Streiken, aber wie?

Von Ivo Bozic

Deutschland: Das Streikrecht finden alle dufte, aber Streiks finden alle doof. Wenn jemand ausnahmsweise doch mal streikt, sagen alle: Ja, aber doch nicht so! Nicht vier Tage! Oder: Nicht die Bahn! Oder: Nicht bei mir vor der Haustür! Wie also streikt man richtig? Wir haben die Vor- und Nachteile der verschiedenen Streikformen untersucht.

Warnstreik
Vorteil: Dauert nicht so lang und war, wenn es hart auf hart kommt, gar nicht so gemeint. Ist dank des DGB bestens institutionalisiert.
Nachteil: Kennt man aus der Kindererziehung: Wenn beim ersten Mal keine Konsequenzen folgen, nimmt dich beim zweiten Mal niemand mehr ernst.
Abwehrstreik
Vorteil: Angriff ist bekanntlich die beste Verteidigung.
Nachteil: Wenn der Angriff schon rollt, ist es meist zu spät. Außerdem gibt es zu viele Negativbeispiele, siehe Werder Bremen.
Sitzstreik
Vorteil: Man muss nicht mit hundert anderen in hässlichen Müllsäcken oder Warnwesten gekleideten Deppen mit der Trillerpfeife durch die Straßen latschen.
Nachteil: Im schlimmsten Fall lassen sie dich da einfach sitzen, und niemanden juckt’s.
Politischer Streik
Vorteil: Es geht endlich nicht mehr nur um ein paar Kekskrümel, sondern um die ganze Bä­ckerei.
Nachteil: Wer will schon eine Bäckerei an der Hacke haben?
Bummelstreik
Vorteil: Bummeln tut doch jeder gern. Und ein bisschen Entschleunigung ist sowieso gut fürs Gemüt.
Nachteil: Funktioniert nicht bei der Bahn. Da fällt das gar nicht auf.
Hungerstreik
Vorteil: Macht schlank. Und schlank ist gut fürs Gehalt. Schlanke Frauen verdienen mehr, ideal fürs Einkommen ist ein BMI von 21,5, das haben Studien ergeben.
Nachteil: Hunger, klar. Außerdem: für Männer nachteilig. Die verdienen nämlich beleibt am meisten. (»Institut zur Zukunft der Arbeit«, 2014)
Betriebsbesetzung
Vorteil: Manchmal entstehen dabei ganz neue Ideen und Projekte, siehe Jungle World.
Nachteil: 14 Tage auf der Isomatte, das ist nichts für ältere Genossen.
Sexstreik
Vorteil: Fällt unter Umständen mehr auf, als einfach mal einen Tag nicht bei der Arbeit zu erscheinen.
Nachteil: Mehr als vier Streiktage sind unrealistisch.
Bildungsstreik
Vorteil: Aus drei Monaten Semesterferien werden so leicht mal eben sechs.
Nachteil: Keine Mensa bedeutet: selber kochen. Und sechs Monate lang Dosenravioli? Puh!
Verbraucherstreik
Vorteil: Man spart viel Geld.
Nachteil: Die Forderung nach Lohnerhöhung verträgt sich mit der Ankündigung eines Konsumboykotts natürlich schlecht.
Wilder Streik
Vorteil: Geht ohne diese Knalltüten von der Gewerkschaft.
Nachteil: Abmahnung, Kündigung, Polizei – wenn’s blöd läuft.
Solidaritätsstreik
Vorteil: Wenig Erfolgsdruck. Streiken, ohne dass es um den eigenen Wanst geht, ist natürlich viel entspannter.
Nachteil: Ist man mit dem einen solidarisch, kommt bald der nächste, der auch Solidarität einfordert usw. usf.
Schwerpunktstreik
Vorteil: Da ansetzen, wo es am meisten weh tut. Autsch!
Nachteil: Zu viele kommen ungeschoren davon.
Flächenstreik
Vorteil: Viel Streik, viel Effekt.
Nachteil: Je mehr Leute streiken, desto mehr Streikgeld muss die Gewerkschaft auszahlen. Kann sie aber nicht, weil sie die Kohle natürlich für die Audi-A8-Dienstwagen ihrer Funktionäre braucht.
Unbefristeter Streik
Vorteil: Die Zeit spielt für dich.
Nachteil: Irgendwann hat man das »Perfekte Dinner«, »Bauer sucht Frau« und »Zuhause im Glück« einfach über.
Krankschreibung
Vorteil: Man kann vom Sofa aus streiken und braucht sich nicht vor einem Fabriktor die Zehen abzufrieren. Ist also viel gesünder.
Nachteil: Für den Gelben Zettel muss man zum Arzt und fängt sich dann im Wartezimmer womöglich wirklich etwas ein.
Generalstreik
Vorteil: Nur so verschafft man sich wirklich Gehör und ein bisschen Autorität.
Nachteil: Wenn wirklich alle streiken, ist niemand mehr da, der die erzielten Erfolge umsetzen kann.
Revolution
Vorteil: Hat natürlich viel mehr fame und thrill.
Nachteil: Danach gibt’s keine Streiks mehr.
Einfach Untertauchen
Vorteil: Die können dich alle mal am Arsch lecken, diese W*x#@Gr!§!
Nachteil: Schnell merkt irgendjemand, dass es auch ohne dich geht.