Cop Chaser

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Eine der besten Marketingideen der Bahn war es, Polizisten in Dienstkleidung Freifahrten zu gewähren: Nicht nur wird die gefühlte Sicherheit für die Passagiere erhöht, auch Menschen mit Uniformfetisch kommen so auf ihre Kosten.
Mittlerweile steuere ich in Bahnen zielsicher reisende Polizisten an, versuche, mich wie zufällig in ihrer Nähe zu platzieren, studiere ihr Verhalten. Die Polizisten wissen natürlich, dass sie im Fokus des Interesses stehen und ihre halbprivate Bahnreise auch immer eine Imagekampagne für die Polizei als ganze ist, und umso beflissener betragen sie sich: Sie wollen sich ansprechbar und zutraulich geben, sie wollen gefallen. Natürlich bin ich mit meinem schmutzigen Hobby nicht allein: Besonders ältere Damen mit Schwiegersohnkomplex nehmen mir die besten Beobachtungsplätze weg, und sie haben noch den Vorteil, sich mit schwerem Gepäck oder interessanten Krankheiten ins Gespräch zu bringen.
Nicht jedoch vor kurzem, auf dem Weg nach Basel: Völlig ungestört beobachte ich einen jungen, bildhübschen Polizisten im Bordbistro, der sich etwas Heiteres auf dem I-Pad ansieht. Irgendwann bestellt er mit völlig ernster Miene »einen Kakao und ein Twix«. Als der Kellner wenig später mit der Meldung zurückkehrt, Twix sei aus, sagt der Bulle laut »ooooch« und verlangt ein Snickers. Etwa fünf Minuten nach dem Verzehr schläft er ein (!), sein Kopf nickt sacht an der Bordwand entlang. In Basel angekommen, erwacht er, reibt sich ausgiebig den Schlaf aus den Augen (!!) und tappst aus dem Abteil. – Ich kann mir das alles nur so erklären, dass er Teil einer neuen Propagandakompanie ist, die durch geradezu obszöne Drolligkeit den durch allerlei Brutalitäten ramponierten Ruf unserer Wachleute wiederherstellen soll. Wie auch immer: Bei mir jedenfalls hat es geklappt.