John Carpenters erstes Soloalbum

Der Gruselkönig

John Carpenter veröffentlicht sein erstes Soloalbum.

»Assault on Precinct 13«, »Halloween«, »The Fog«, »Escape from New York« …  John Carpenter ist nicht nur ein legendärer Regisseur, sondern auch für etliche ikonische Soundtracks verantwortlich, deren minimalistischer Sound bis heute wirkt. Nie hätten das New York der Zukunft derart finster und die Klapperschlange Snake Plissken dermaßen cool wirken können ohne Carpenters Synthesizer-Begleitung. Und wer einmal »Halloween« gesehen hat, wird das charakteristische Thema im 5/4-Takt nicht mehr vergessen.
Für Filmmusiken zu Horror-Klassikern der siebziger und achtziger Jahre gibt es dank der Vergangenheitsbesessenheit und des andauernden Synthesizer-Revivals seit einigen Jahren einen Markt, den spezialisierte Labels mit teuren Vinyl-Editionen auch von Carpenters Klassikern ausgiebig bedienen. Nun hat der Maestro des Gruselsoundtracks die Instrumente wieder angeworfen und ein Album mit neuen Songs aufgenommen. Seltsamerweise ist es betitelt als »Lost Themes« – ein Hinweis, dass man der Kennzeichnung »neu« doch nicht ganz vertraut hat und lieber auf alte Verdienste hinweisen wollte? Wie auch immer, enttäuscht werden kann nur, wer Erwartungen hat, und dazu hätte es den Titel nicht gebraucht. Carpenters Name reicht schon aus.
Und enttäuschend ist dieses Album. Vielleicht ist es ungerecht, die »Lost Themes« an den old themes der siebziger Jahre zu messen. Aber viele der bekannten Stilmittel sind auch hier zu hören: die typischen kristallinen Synth-Melodien, bedrohliche chromatische Flächen und manische Arpeggios. Nur setzt dann allzu oft noch eine epische Prollrock-Gitarre oder ein bombastischer Beat ein – oder die Harmonie ist eher schmalzig als düster. Zugestanden sei, dass auch nicht alle alten Soundtracks von erlesener Qualität waren – von Carpenters früherer Band Coupe de Villes ganz zu schweigen. Sicher werden Songs für ein Album anders komponiert als Filmmusik, doch hier wäre es ein gutes Rezept gewesen, am reduzierten Charakter der Soundtracks festzuhalten. So aber klingen die »Lost Themes« wie eine pompöse Altherrenrockversion der unzähligen Epigonen, die von Carpenter gelernt haben. Für Fans mag »Lost Themes« die Kirsche auf der Carpenter-Sammlung sein; ein gutes Album ist es nicht.

John Carpenter: »Lost Themes« (Sacred Bones/Cargo)