Die Reaktionen auf den Rücktritt von Peter Gauweiler 

Die letzte Bastion

Peter Gauweiler (CSU) hat vorige Woche seinen politischen Abschied verkündet. Nun sorgt man sich bei der Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung um die Zukunft der Euro-Kritik in Deutschland.

Peter Gauweiler, der ewige Rechtsaußen der CSU, ist zurückgetreten. Am Dienstag voriger Woche gab der 65jährige sein Amt als stellvertretender CSU-Vorsitzender ab und legte sein Mandat als Bundestagsabgeordneter nieder. In einer persönlichen Erklärung nannte Gauweiler als Begründung für diesen Schritt, er sei mit der Euro-Rettungspolitik der Bundesregierung nicht einverstanden, zudem habe es innerparteiliche Differenzen über die Verlängerung der Griechenland-Hilfen gegeben. In den politischen Nachrufen wurde Gauweiler denn auch vor allem als »Euro-Rebell« gewürdigt, andere Stationen seiner politischen Biographie, zum Beispiel als er während der Aids-Hysterie in den achtziger Jahren verlangte, auf Erkrankte das Bundesseuchengesetz anzuwenden, gerieten zur Randnotiz. Besonders erschüttert über Gauweilers Abgang zeigte man sich bei der FAS. Dort scheint man den Eindruck zu haben, dass mit Gauweiler die letzte Bastion in der Euro-Kritik gefallen ist. »Noch nie ist der Einfluss der Euro-Skeptiker so rapide geschwunden wie in den zurückliegenden Wochen. Sie treten zurück, werden kaltgestellt, dringen mit ihren Argumenten nicht mehr durch«, schreibt ­Ralph Bollmann. Demzufolge dürfte die von der Bild-Zeitung initiierte Anti-Griechenland-Kampagne anlässlich der Abstimmung im Bundestag über die Verlängerung der Hilfsprogramme eine reine Verzweiflungstat gewesen sein.
Die Riege der entmachteten Gegner der Euro-Politik, die die FAS präsentiert, fällt allerdings überschaubar aus. Da wird Frank Schäffler, dem »Euro-Rebellen« der FDP, nachgetrauert, der, seit seine Partei aus dem Bundestag geflogen ist, politisch ohnehin nichts mehr ausrichten kann. Auch auf Bernd Lucke von der »Alternative für Deutschland« (AfD) sei kein Verlass, er sei »vollauf mit internen Querelen« beschäftigt. Die AfD sitzt übrigens ebenfalls nicht im Parlament. Wolfgang Bosbach (CDU) dachte bereits vor Wochen laut über seinen Rückzug nach, wirklich »kaltgestellt« wurde aber auch er nicht.
Wenn in den Reihen von CSU und CDU keine prominenten Kandidaten für die Rebellenrolle mehr zu finden sind, bleibt eigentlich nur noch das Personal der Linkspartei. Vermutlich hätte sich selbst Sahra Wagenknecht nicht träumen lassen, dass sie einmal als letzte Hoffnungsträgerin der konservativen Presse herhalten muss. Aber die Linkspartei, »sonst der verlässlichste Hort der Euro-Kritik im Parlament«, ist auf Abwegen, seit sie erstmals den Griechenland-Hilfen ­zugestimmt hat. Die FAS wertet das übrigens nicht als Zeichen der Solidarität mit Syriza, sondern sieht darin einen Vorboten für das Schreckgespenst einer rot-rot-grünen Bundesregierung. Immerhin bleibt ihr Dank dieser Deutung erspart, im Kampf gegen die Krisenpolitik auf die Linkspartei setzen zu müssen.
Stattdessen sucht die Zeitung weiter nach geeigneten Kandidaten für den Job des Euro-Skeptikers. Mit Carsten Linnemann, dem Vorsitzenden der CDU-Mittelstandsvereinigung, hat sie ihn gefunden, allerdings auf der Hinterbank. Da dürfte es tröstlich sein, dass auch das »Urgestein« Gauweiler zuletzt nur ein Hinterbänklerdasein führte. 2012 kürte ihn abgeordnetenwatch.de zum »Spitzenreiter beim Blaumachen«, weil er von 2009 bis 2012 58 Prozent der Abstimmungen im Bundestag ferngeblieben war. Und angesichts der Debatte um deutsche Reparationszahlungen an Griechenland wird hierzulande wohl auch die nächste Anti-Griechenland-Kampagne nicht lange auf sich warten lassen.