Überzeugend dröge

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­Angela Merkel wird auch die NSA/BND-Affäre aussitzen – daran zweifelt wohl niemand. Schweigen ist wieder einmal ihr Mittel der Wahl. Ein sehr erfolgreiches. Erst recht in diesen empörungsheischenden Internetzeiten. Dass Schweigen generell in brenzligen Situationen eine gute Wahl ist, hat Merkel im Umgang mit der Stasi gelernt, die in ihrer Kindheit regelmäßig im Wohnzimmer saß. Sie weiß also, was Überwachung bedeutet und warum die Sache mit der NSA und dem BND und den anderen Geheimdiensten doch etwas anderes ist, als es die Stasi war. Nicht zuletzt weiß sie das aus den Umfragen, die sie in Auftrag gibt und die ihr sagen werden, dass sich die Mehrheit der Deutschen so ganz und gar nicht für die Ausspähung durch Geheimdienste interessiert. Solange der NSA-Beamte nicht am Esstisch tendenziöse Fragen zum Privatleben stellt, bleibt das Vertrauen in die Kanzlerin wohl ungebrochen. Selbst wenn der Spiegel vom »Verrat an den Deutschen« spricht, was traditionell eine verlässliche Art ist, die deutsche Volksseele zum Kochen zu bringen. Aber auch das Lüftchen des Verrats weht lau – und trifft im Zweifel wohl eher die SPD und Frank-Walter Steinmeier, schließlich ist der federführend beim Umgang der Geheimdienste mit neuen Technologien. Nicht einmal Sigmar Gabriel wirkt mit seinen Sticheleien so, als würde er sich die Aufgabe im Kanzlerinnenamt besser zutrauen als Merkel. Auch wenn er unbedingt gerne Kanzler werden will. Aber eine Neuwahl würde wohl nur eine Wiederwahl Merkels bedeuten. Und das ist ganz okay, scheint die Grundhaltung der wahlberechtigten Deutschen zu sein. Überhaupt mögen sie Merkel, die Deutschen. Selbst Linke mögen sie. Ob nun aus Hilflosigkeit, Resignation oder wegen einer Art Stockholm-Syndrom: Merkel würden sie vielleicht doch wählen, natürlich nie die CDU, aber die Alternative erst recht nicht. Merkel macht das schon ordentlich, wer soll es denn sonst machen?
Aber was hat Merkel, was sogar radikale Linke ein wenig zum Schmelzen bringt? Sie führt das Regierungsgeschäft so dröge und unaufgeregt, wie es in diesen Zeiten einzig erträglich ist. Besonders in Deutschland. Und diese unaufgeregte Art erreicht auch nicht wenige Linke. Wenn schon Staat, dann wenigstens nicht pathetisch, größenwahnsinnig und peinlich. Überhaupt ist Merkel in ihrer tapsigen Art wenig peinlich. Sie wirkt immer höchst authentisch, ehrlich, geradezu eindimensional: Das, was sie sagt, meint sie auch so, sie schweigt lieber, bevor sie in eine Kamera lügt, und ihre entgleisenden Gesichtszüge machen auch vor mächtigen Staatsoberhäuptern nicht Halt. Denn wenn sie einmal eine Haltung gefunden hat, bleibt sie ihr treu. Das zeigt sich besonders in Bezug auf Israel, dessen Existenzrecht sie zur deutschen Staatsräson erklärt hat. Und damit überzeugt sie dann auch die letzten Vernünftigen in der Linken.