Der Prozess gegen Ríos Montt in Guatemala

Etappensieg für Ríos Montt

Ein Gericht in Guatemala verfügte, dass der ehemalige Diktator Ríos Montt in einer psychiatrischen Klinik auf seine Prozessfähigkeit untersucht wird. Doch die Verteidigung sucht die Neuaufnahme des Völkermordprozesses zu verhindern.

Am Donnerstag voriger Woche schien alles in bester Ordnung. Da hatten die Richter der zweiten Kammer des Gerichts für Kapitaldelikte in Guatemala-Stadt angeordnet, dass die Mediziner der psychiatrischen Klinik Federico Mora in den kommenden zehn Tagen den ehemaligen Diktator Efraín Ríos Montt auf seine Prozessfähigkeit untersuchen. Anklage und Opfervertreter waren zuversichtlich, dass die Richter der Verschleppungsstrategie der Verteidigung ein Ende setzen würden. Zweimal hatte diese bereits die Aufnahme des neuen Völkermordprozesses gegen den 89jährigen vereitelt. Anfang Januar hatte die Verteidigung mit einem Befangenheitsantrag gegen die Vorsitzende Richterin Erfolg, vor wenigen Wochen legte das Forensische Institut des mittelamerikanischen Landes ein Gutachten vor, wonach Ríos Montt prozessunfähig sei.

Demenz attestierten die Ärzte dem Mann, der das Land 1982 und 1983 diktatorisch regiert hatte und der Anklage zufolge den Völkermord an 1 771 Ixil-Maya angeordnet habe. Ríos Montt sei »nicht in der Lage, die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zu verstehen und zu seiner Verteidigung beizutragen«, so lautet der wichtigste Satz des Gutachtens. Das überzeugte die Richter jedoch nicht, auch die Staatsanwaltschaft bezweifelte die Diagnose, und so sollten nun Ärzte der psychiatrischen Klinik Federico Mora den ehemaligen Diktator stationär untersuchen. Doch auch dagegen ging die Verteidigung umgehend vor und ­ihrer Argumentation, dass Ríos Montts Gesundheit bei der Verlegung ins Krankenhaus Schaden nehmen könne, folgte ein Gericht. So kann der 89jährige nun zu Hause bleiben – ob er dort untersucht werden wird, ist bislang nicht klar. Ein Rückschlag für den deutschen Menschenrechtsanwalt Michael Mörth, der seit rund 20 Jahren in Guatemala arbeitet und die Nebenklage im Prozess vertritt. »Wir hatten gehofft, dass die Gerichte der Verschleppungsstrategie der Verteidigung ein Ende setzen.« Das scheint nicht der Fall, obwohl es Mörth zufolge Hinweise gibt, dass Ríos Montt verhandlungsfähig sei. Möglich sei aber auch, dass er falsch behandelt und seine Gesundheit gefährdet worden sei.

Bereits der erste Prozess hatte international Schlagzeilen gemacht. Im Mai 2013 war der ehemalige Diktator zu einer 80jährigen Haftstrafe verurteilt worden, die das Verfassungsgericht wenige Tage später mit dem Verweis auf Verfahrensfehler für ungültig erklärte. »Damals beugten sich die Verfassungsrichter dem extremen politischen Druck«, erklärt Mörth. Er hat dafür Beweise zusammengetragen und Klage vor dem Iberoamerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte in San José eingereicht. Die könnte noch in diesem Jahr zugelassen werden und letztlich besteht die Möglichkeit, dass das Urteil vom Mai 2013 in einigen Jahren für gültig erklärt wird. Für die Regierung wäre das ein Dilemma, aber auch die Revision des Verfahrens wegen der vermeintlichen Verfahrensfehler ist für die Administration von Präsident Otto Pérez Molina alles andere als einfach. Nur wegen des internationalen Drucks, vor allem aus den USA, wurde der 23. Juli als neuer Termin für die Aufnahme des Verfahrens bekanntgegeben. Nun tritt das Gericht am 4. August erneut zusammen; dann soll entschieden werden, ob das Verfahren mit einer Videobefragung des Angeklagten stattfinden kann. Doch zuvor muss geklärt werden, ob Ríos Montt verhandlungsfähig ist; wie das vonstatten gehen soll, ist aber noch offen.
Allerdings sind Prozessbeobachter skeptisch, ob es letztlich ein faires Urteil geben wird. Gerade weil dem ersten Urteil, das die Regierung zudem anwies, sich bei der indigenen Minderheit der Ixil offiziell zu entschuldigen, nichts hinzuzufügen sei, so die US-Politikwissenschaftlerin Jo-Marie Burt. Daran hat Präsident Pérez Molina, der als Offizier in den achtziger Jahren in der von den Ixil bewohnten Region stationiert war, kein Interesse. Ebenso wenig einflussreiche Unternehmerfamilien, die den Völkermord an den Ixil unterstützen.