Figuren aus Pappe

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Don Winslow wird nicht müde zu betonen, das mexikanische Drogenproblem sei nicht zuletzt ein amerikanisches. Denn die US-Amerikaner sorgten als kaufkräftigste Klientel für die Hauptnachfrage. In »Das Kartell«, der Fortsetzung seines lesenswerten Opus magnum »Tage der Toten«, legt er diese Worte einem seiner beiden Protagonisten in den Mund: Art Keller. Fans kennen ihn aus dem ersten Teil. DEA-Agent Keller hatte seinen Gegenspieler Adán Barrera, den mächtigen Boss des Sinaloa-Kartells, ins Gefängnis gebracht. Nun ist Barrera, ein fiktionalisierter Wiedergänger Joaquín Guzmáns, ausgebrochen und Drogenfahnder Keller wird reaktiviert, um ihn erneut zu fassen.
»Das Kartell« überzeugt nicht, wiewohl viele der Figuren und die so minutiös wie drastisch geschilderten Folter-, Mord- und Massaker-Szenen reale Vorbilder haben. Aber was heißt das schon literarisch? Winslow sagt, er habe mächtig Wut im Bauch gehabt, weil sich die Brutalität der Kartelle seit 2004, als der erste Roman endete, ins beinahe Unendliche gesteigert hätte – ein zweiter Teil musste her. Leider fokussiert Winslow sich auf den immer unglaubwürdigeren Zweikampf Kellers und Barreras. Es hagelt Thriller-Klischees, lieblos runtergeplapperte Dialoge und die Figuren sind aus Pappe. Über die mexikanische Drogengesellschaft erfährt man wenig. Hierzu seien etwa Jennifer Clements »Gebete für die Vermissten« oder Yuri Herreras »Der König, die Sonne, der Tod« empfohlen.

Don Winslow: Das Kartell. Droemer-Knaur, München 2015, 832 Seiten, 16,99 Euro