Schuld sind immer die USA

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Dass die Sache mit dem »gut gemeint« und dann »mit Anlauf verkackt« nicht immer so ganz einfach zu verstehen ist, zeigt ein Posting, mit dem gerade für das Recht auf Asyl geworben wird. »Der Visumsantrag von Anne Frank wurde damals von Amerika abgelehnt«, heißt es darin. »Wäre er akzeptiert worden, wäre sie heute eine 86jährige Frau, die in Boston lebt. Daran sollte man heute immer denken, wenn Menschen das Recht auf Asyl verwehrt werden soll.« Dass nun ausgerechnet die Amerikaner am Tod von Anne Frank schuld sein sollen, ist vor allem deshalb erstaunlich, weil ihr Vater Otto Frank ab 1939 nicht nur überlegte, in die USA auszuwandern. Mutter Edith schreibt in dieser Zeit an Freunde: »Ich glaube, alle deutschen Juden suchen heute die Welt ab und können nicht mehr rein.« Nicht mehr rein kamen sie beispielsweise in die Schweiz, deren Grenzen für jüdische Flüchtlinge verschlossen waren – die aber in dem kursierenden Posting nicht genannt wird. Wie im übrigen auch England und Kuba nicht, obwohl die Familie Frank auch überlegt hatte, dorthin auszureisen, nachdem die deutsche Wehrmacht Polen überfallen hatte. Und was ist mit dem von den USA abgelehnten Asylantrag? Julius Holländer, ein Bruder von Edith Frank, war bereits im April 1939 über Rotterdam in die USA gereist, nachdem ein Cousin für ihn gebürgt hatte. Seinen Bruder Walter konnte Julius im Dezember 1939 ebenfalls ins Land holen, weil er ihm eine Bürgschaft ausgestellt hatte. Auch für die Franks hätte es die Möglichkeit gegeben, in die USA zu emigrieren – allerdings war es da schon zu spät, denn die Nazis hatten die Niederlande besetzt, und es war der Familie nicht mehr möglich, das Land zu verlassen. Anne Frank wurde später von den Nazis ermordet, nicht von den USA.