Hilfe für Hegel

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Was ist materialistische Dialektik? Der in Berlin lehrende Philosophieprofessor Andreas Arndt unternimmt den Versuch einer Bestimmung. In seinem Buch »Geschichte und Freiheitsbewusstsein« – in Anlehnung an die berühmte Schrift »Geschichte und Klassenbewusstsein« von Georg Lukács – geht es um das Verhältnis von Marx und Hegel. Hat der Verfasser des »Kapital« den zu Unrecht als preußischen Staatsphilosophen verschrienen Hegel tatsächlich vom Kopf auf die Füße gestellt? Hat Marx die Dialektik Hegels von ihrer vermeintlichen Mystifikation befreit? Arndt bezweifelt, dass es einen entschiedenen Bruch zwischen Marx und Hegel gibt. Diesem Zweifel folgend, interpretiert er beide als Denker einer Freiheitsgeschichte. Entscheidend für diese ist das Recht, denn es garantiert die individuelle Freiheit. Doch gerät das Recht in Widerspruch mit der Eigentumsordnung und der kapitalistischen Produktionsweise. Zwar ist jeder für die Reproduktion seines einzelnen Lebens verantwortlich, doch sind den wenigsten die Mittel dafür gegeben. Arndt lässt keinen Zweifel, dass erst der Kommunismus den Begriff der individuellen Freiheit realisieren kann, als individuelles Recht auf produktive Teilhabe am gesellschaftlichen Eigentum. Die Analyse der Widersprüche der bürgerlichen Gesellschaft und die Perspektive auf deren Lösung in einer neuen Gesellschaftsordnung sieht er bei Hegel schon gegeben. Arndt wendet sich gegen die Austreibung Hegels aus der Philosophie und dem Marxismus. So herausfordernd und so stichhaltig wurde Hegel lange nicht mehr verteidigt.
Andreas Arndt: Geschichte und Freiheits­bewusstsein. Berlin 2015, Verlag Eule der ­Minerva, 167 Seiten, 15 Euro