Kritik der flüchtigen Vernunft

Leo Fischer klingt diese Woche wie Peter Sloterdijk, Philosoph.

Es braucht heute wenig, um ein Zornkollektiv zu generieren. Es genügt, in der Sinnvermehrungsmaschine Internet ein Zornkonto zu eröffnen, um via Twitter einen Sturm von Kot zu entfachen. Keine Sinneinlage ist nötig; die Wutzinsen kommen, in der Form besagter Shitstorms, ganz von selbst. So ist der moderne Medienmensch sein eigener Fäkalmeteorologe.
Etwas gänzlich anderes und viel Wertvolleres ist es hingegen, der Zeitschrift Cicero einen Beitrag zu widmen, wie ich es zuletzt getan habe, in Verkennung der Defäkationsdefizienz der Digitaldementen. Angetreten als schickes Debattenblatt, das sich am New Yorker orientieren und diskursive Vernunft praktizieren wollte, ist es, einem Schweigen im auflagozentrischen Blätterwalde geschuldet, jetzt zum Testikularmasseur des restweißen Deutschenparks geworden. Klar, dass ich da gerne aufspringe, als postironischer Diskurssurfer bzw. diskursironischer Postbeamter. Ich möchte meine dort dargelegten zornologischen Ausführungen noch ergänzen um eine Kritik des Flüchtlings.
Doch halt! Bevor die skandalophilen Auguren der Sibylle gleich wieder orakeln, ich täte mich auf das Schmierigste an den rechten Rand ranwanzen, will ich simultan dementieren, was ich zugleich ironologisch exorziere. Zu deutsch: Mir kann keiner was! Meine ich doch den Flüchtling als pures Metaphysikum, als transzendental Obdachlosen, wie wir ihn beim frühen Benn, Benjamin oder Hastenichtgesehen beobachten können. Benjamin selbst, das versucht die lügozentrische deutsche Presse zu vertuschen, war noch ein Flüchtling von Format, mit Schirm, Charme und Pistole. Seine Auseinandersetzung mit dem ihn bedrohenden Tode war noch eine geistig wertvolle. Heutige Flüchtlinge jedoch, als plutozentrisches Gierkollektiv, haben oft nicht einmal Heidegger gelesen, bevor sie das existentielle Abenteuer »Flucht« unternehmen. Am Ende verdrängt uns der Flüchtling noch als billige Kratophobozentro-Blasenmaschine. Und damit mich von meinem Arbeitsplatz. Diesen zu verteidigen, das wäre jetzt Aufgabe aller westlich Denkenden! Hallali!