Kurzmeldungen

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Und noch ein Festival
Popstreit. Braucht Berlin noch ein Festival, das vom Senat finanziert wird? Diese Frage stellte man sich beim Battle zwischen zwei Berliner Veranstaltungen des vergangenen Wochenendes. Einmal das große, mit öffentlichen Mitteln finanziell gut ausgestattete Festival »Pop-Kultur« mit einem Budget von 700 000 Euro. Und daneben als ärmere kleine Schwester eine reizvolle Veranstaltungsreihe mit dem Namen »Off-Kultur«. Während »Pop-Kultur« vergangenes Jahr im Berghain residierte, bespielte es im Jahr zwei seiner Existenz Neuköllner Locations wie den Heimathafen, Huxleys Neue Welt, Prachtwerk, Passage-Kino und das SchwuZ. Eine nette Idee, tatsächlich kommt durch das Flanieren zwischen den nah beieinanderliegenden Orten Festivalatmosphäre auf, man erkennt aber auch, wie stark sich das Hipster-Publikum von der ansässigen Neuköllner Bevölkerung abhebt. Fraglich ist, ob sich »Pop-Kultur« und »Off-Kultur« nicht ohnehin kannibalisieren. Laut »Pop-Kultur«-Kuratorin Katja Lucker ist das Geld, das sie und ihr Team erhalten, explizit nicht für die Förderung der Berliner Szene verwendbar. Die »Off-Kultur«-Veranstalter werfen den Machern von »Pop-Kultur« vor, Neukölln als »cooles Marketing-Gimmick« zu benutzen, ohne die ansässige Szene zu kennen. Deshalb ist es wichtig und richtig, dass es »Off-Kultur« als Gegenentwurf gibt. Beim Line-up von »Pop-Kultur« stößt man auf wenig Lokales oder Unbekanntes, sondern sieht Acts, die in der einschlägigen Musikpresse altbekannt sind. Es gibt solide Auftritte von Thurston Moore samt Band, Algiers und Malcolm Middleton, im Huxleys wird die exzentrische Zola Jesus bejubelt, in einem Club namens Keller lärmt Skinny Girl Diet, eine hitzige Riot-Grrrl-Punk-Truppe aus London. Wie bereits im vergangenen Jahr bewiesen die Veranstalter speziell bei den Diskussionen ein glückliches Händchen, etwa bei kurzweiligen Lesungen von Englands Punktheoretiker Jon Savage oder einer Diskussion mit Mark Farrow, einem der wichtigsten Designer Großbritanniens, der beim Factory-Label begann und eine Reihe stilbildender Cover der Pet Shop Boys entwarf. Ob sich das »Pop-Kultur«-Festival 2017 wieder in Neukölln niederlassen wird, ist unklar.  awa
Wenn Comedy was kann
Nico Semsrott. Gerade als man sich mal wieder die Frage stellte, wie mit der AfD umzugehen sei und wie viele Journalisten noch antreten werden, um Politiker der Partei zu interviewen, sie vergeblich aus der Reserve zu locken versuchen, in der Annahme, dass da noch etwas zu holen wäre – und sich dabei stets das gleiche Muster ergibt, nämlich dass der eine AfD-Politiker mit den Aussagen eines anderen AfD-Politikers konfrontiert wird, denen er zumeist »nicht beipflichten« möchte oder behauptet, der Kollege sei falsch verstanden worden –, da kommt jemand wie Nico Semsrott um die Ecke. Ein Kabarettist, was hierzulande oft Schreckliches bedeutet, der im Rahmen der Hamburger Reihe »Kampf der Künste« in Poetry-Slam-Manier die AfD kritisiert. »Ich bin Bernd Höcke und ich finde, wir können nicht alle aufnehmen. Diese verdammten Wirtschaftsflüchtlinge, diese verdammten Albaner und diese verdammten Polen, die den Spargel stechen – das würden wir gerne selbst tun!« sagt der 30jährige Hamburger und bleibt dabei sehr unaufgeregt. Das Video wird zigtausendfach angesehen und Semsrott, der selbsternannte »traurigste Komiker der Welt«, allerorten gefeiert. Für die Inhalte seiner Kritik? Auch. Selbst wenn seine Analyse nicht bahnbrechend originell ist. Aber Semsrott hat es für eine kurze Weile geschafft, gerade durch die Emotionslosigkeit seines Vortragsstils, öffentlich mehr Wirkung zu erzielen als zahlreiche Medienprofis, Talk-Show-Gäste und Journalisten, die glauben, die AfD demaskieren zu können. Manchmal können Comedians eben doch etwas. oko