Gegen den Putin-Besuch wurde in Berlin protestiert

Putin-Gipfel in Berlin

In Berlin trafen sich vergangene Woche Staats- und Regierungsoberhäupter aus Russland, Deutschland, Frankreich und der Ukraine zu einem Gipfeltreffen. Thema waren die Ostukraine und Syrien. Vor dem Berliner Kanzleramt demonstrierten sowohl Gegner als auch Anhänger von Wladimir Putin.

Als Gastgeschenk hatte er acht Stunden Waffenruhe für das dauerbombardierte Aleppo im Gepäck. Gänzlich überraschend kam der Besuch von Russlands Präsident Wladimir Putin am Mittwoch voriger Woche im Berliner Kanzleramt nicht. Schon einige Tage zuvor hatte die russische Regierung ein Treffen in Deutschland angekündigt, was die Bundesregierung aber erst am Dienstag bestätigte. Neben Putin waren auch Frankreichs Präsident François Hollande und der ukrainische Präsident Petro Poroschenko zu dem kurzfristig einberufenen Treffen geladen. Es sollte dabei vor allem um den anhaltenden Konflikt in der Ukraine gehen, aber auch – allerdings ohne Poroschenko – um die Situation in Syrien. Höhere Erwartungen versuchte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zu dämpfen. Man dürfe von dem Treffen »keine Wunder erwarten«.
Die Differenzen waren nicht gerade klein. Hollande hatte in der Woche zuvor angekündigt, wegen der anhaltenden Luftangriffe Russlands und des Assad-Regimes den Internationalen Strafgerichtshof anzurufen. Merkel selbst hatte noch zwei Tage vor dem Gipfel laut über die Möglichkeit von Sanktionen spekuliert, die Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) hingegen ablehnt. Während der Gipfel stattfand, diskutierten im Bundestag die Parteien über mögliche Sanktionen gegen Russland, die einzelne Mitglieder der CDU und der Grünen gefordert hatten. Die stellvertretende Vorsitzende der Linksfraktion, Heike Hänsel, bezeichnete das als »Säbelrasseln«.
Nach dem Gipfeltreffen kündigten die russische Regierung und das Assad-Regime eine Verlängerung der Waffenruhe von acht auf elf Stunden sowie weitere Feuer- und Bombardierungspausen an. Trotzdem wurden in den Folgetagen wieder Gefechte aus Aleppo gemeldet. Dass sich seit dem Berliner Gipfel irgendetwas an dem katastrophalen business as usual in Syrien geändert hätte, ist nicht zu bemerken.
Während des Gipfeltreffens fanden sich auf der kleinen Parkfläche zwischen Kanzleramt und Paul-Löbe-Haus des Bundestags verschiedene Gruppen ein, um anlässlich des Putin-Besuchs zu demonstrieren – mehrheitlich gegen den Politiker. Etwa 400 Personen, meist aus der syrischen Diaspora­gemeinde, aber auch Menschen mit blau-gelben Ukraine-Fahnen und »Stop War – Stop Putin«-Bannern sowie das Aktionsnetzwerk »Avaaz«, die »Gesellschaft für bedrohte Völker« und die Nichtregierungsorganisation »Adopt a Revolution« hatten sich zu einem lautstarken Anti-Putin-Block eingefunden.
Abu Hajar, der Volkswirtschaft in Italien studiert hat, bezeichnet sich als »Musikeraktivist« – er spielt Klavier, Klarinette und gehört zu einer Rap-Band – und lebt seit 2014 in Berlin. Zwei Jahre zuvor war er aus Syrien geflohen, wo er sich am Aufstand gegen das Assad-Regime beteiligt hatte. »An der Revolution – nicht dem Krieg«, sagt Abu Hajar. Das sei ein wichtiger Unterschied. Er habe an der zivilen Bewegung teilgenommen. Selbstverständlich habe da ein Krieg stattgefunden, aber er betrachte das als ein »Parallelding«. Er sei in den Städten Tartus und Damaskus aktiv gewesen.
Zusammen mit einer kleinen Gruppe, die Abu Hajar schlicht als »syrische Aktivisten in Berlin« bezeichnet, hat er die Demonstration organisiert, nachdem er am Vortag von dem Putin-Besuch erfahren hatte. »Wir können nicht einfach zu Hause bleiben, wenn ein Hauptverantwortlicher unseres Leids uns so nah kommt«, sagt er. Gerade einmal zwölf Stunden hätten sie gehabt, um für die Veranstaltung zu werben. »Dass wir hier heute zusammen mit den Ukrainern stehen, freut mich«, sagt er. Sie hätten seine volle Sympathie. Es sei das erste Mal, dass er zusammen mit den Ukrainern demonstriere.
Etwas abseits fand auch eine zahlenmäßig weit unterlegene Pro-Putin-Kundgebung statt. Vor etwa 20 Personen, einer Flagge der Sowjetunion und mindestens so vielen Schildern und Transparenten wie Teilnehmerinnen und Teilnehmern wetterte Brigitte Queck von der Gruppe »Mütter gegen den Krieg Berlin-Brandenburg« gegen die »faschistische Aggression der Nato-Staaten«. Unter den Teilnehmenden befanden sich neben Mitgliedern der DKP und Personen aus der »Palästina-Solidarität« auch Leute aus dem Milieu der »Reichsbürger«.