Der rechtskatholische François Fillon hat die Vorwahlen der französischen Konser­vativen gewonnen

Für Gott und Putin

Mit François Fillon hat sich bei den Vorwahlen der französischen Konservativen der rechtskatholische Kandidat durchgesetzt.

Es ging nicht nur um Frankreich. Zwei europäische Staaten, ein großer und ein winziger, spielten eine wichtige Rolle in den Debatten der beiden Kandidaten, die am Sonntag zur Stichwahl der Konservativen in Frankreich antraten. In dieser Wahl ging es darum, zu entscheiden, ob Alain Juppé oder François Fillon als Präsidentschaftskandidat für die konservativ-wirtschaftsliberale Rechte antritt (Jungle World 47/2016). Fillon setzte sich mit einer Zweidrittelmehrheit gegen seinen moderater auftretenden Mitbewerber Juppé durch.
Bei dieser élection primaire, einer Vorwahl nach US-amerikanischem Modell, das 2006 schon von der französischen Sozialdemokratie übernommen wurde, nahmen an beiden Wahlgängen jeweils mehr als vier Millionen Menschen teil. Das sind ungefähr zehn Prozent der Wahlberechtigten in Frankreich.
Allerdings bilden diese Wähler keinen repräsentativen Querschnitt durch die Gesellschaft, sondern gehören vor allem deren älterem und wohlhabenderem Segment an. Dennoch füllte die Vorwahl nicht nur die Kassen des rechten Bürgerblocks, da alle Teilnehmenden pro Wahlgang zwei Euro zahlen mussten, sondern stattete den Kandidaten auch mit der Aura demokratischer Legitimation aus.
Der Politologe Rémi Lefebvre vertritt im Online-Magagzin Slate.fr die These, die in Frankreich relativ neue Methode der Vorwahlen zeige eher die Schwäche als die Stärke der etablierten Parteien auf, weil diese mangels Mitgliederbasis ihre Sympathisanten abstimmen ließen, und sei »eher eine Sache der Eliten«. Dennoch kann die wirtschaftsliberal-konservativ Rechte darauf verweisen, dass sie eine Massenbasis hat, wie die französische Sozialdemokratie sie sicherlich nicht mehr vorzuweisen hat. Der auf nur noch 80 000 Mitglieder geschrumpfte Parti Socialiste (PS) hat die eigene Basis mit einer alles andere als sozialdemokratischen Sozial- und Wirtschaftspolitik reichlich vor den Kopf gestoßen.
Russland war einer der beiden Staaten, über die in den Debatten zwischen den beiden Wahlgängen debattiert wurde. Fillon trat in der gemeinsamen Fernsehdiskussion mit Juppé offensiv dafür ein, das Bündnis mit den USA um eines mit Wladimir Putin zu ergänzen. Die zu EU-Themen berichtende Website EurActiv.fr monierte, über Russland sei in dieser TV-Debatte viel mehr geredet worden als über die Europäische Union. Zur EU äußerte Fillon sich tatsächlich eher zurückhaltend, da er auch die »Europaskeptiker« bei den französischen Konservativen bedient. Selbst in rot-braunen Querfrontmedien, die sonst eher einen scheinbar grundsätzlichen Oppositionskurs vertreten, und bei prorussischen Propagandawebsites wie Le Saker francophone wird Fillon deswegen und vor allem wegen seiner prorussischen Haltung eher mit Lob bedacht. Dort wird sein Vorwahlsieg als ein Erfolg des »Volkes« gegen die »globalisierten Eliten« bezeichnet und mit dem von Donald Trump gegen Hillary Clinton verglichen.
Der andere, noch häufiger erwähnte Staat war der Vatikan. Beide Kandidaten behaupteten, ihm besonders nahezustehen, was ein Novum in der französischen Politik der vergangenen Jahrzehnte darstellt. Juppé berief sich auf Papst Franziskus, weil dieser im Vergleich zu seinen beiden Vorgängern relativ tolerant in moralischen Fragen sei – wie er im Vergleich zu Fillon. Dieser betonte seine Nähe zu Dogmen der katholischen Kirche. Die Vereinigung Sens commun (Gemeinsinn), der politische Ableger der Manifestation pour tous (Demonstration für alle), der nach wie vor umtriebigen Bewegung gegen die Öffnung der Ehe für homosexuelle Paare durch ein Gesetz vom Mai 2013, und andere rechtskatholische Gruppen unterstützen Fillon. Juppé, der stärker für interreligiöse Toleranz eintrat, wurde dagegen zum Ziel einer von Rechtsextremen und Konservativen betriebenen Kampagne: In einer Flut von Hassbotschaften und E-Mails wurde er als »Ali Juppé« angefeindet.