Small Talk mit Christoph Kopke, Politikwissenschaftler, über die rechte Hetze gegen den Silvio-Meier-Preis

»Verhöhnung der DDR-Opposition«

Rechte Blogs wie »Politically Incorrect« und »Journalistenwatch« sowie der Berliner Landesverband der AfD betreiben seit Wochen eine Kampagne gegen den Silvio-Meier-Preis, der dieses Jahr vom Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg zum zweiten Mal verliehen wird. Dabei werden sowohl der Preisträger, die Initiative »Aufstehen gegen Rassismus«, als auch der am 21. November 1992 von einem Neonazi erstochene Namensgeber heftig angegriffen. Die Jungle World sprach mit Christoph Kopke. Der Berliner Politikwissenschaftler forscht unter anderem über die Opfer rechtsextremer Gewalt.

ST

Wie würden Sie Silvio Meier charakterisieren?
Silvio Meier war Angehöriger des linksalternativen Flügels der DDR-Oppositionsszene. Unter anderem war er als Drucker an der Herstellung der legendären DDR-Oppositionszeitung Umweltblätter beteiligt. Natürlich engagierte er sich auch gegen den aufkommenden Neofaschismus, schon in der DDR und dann auch nach der Wende. Dieses Engagement hat er schließlich mit dem Leben bezahlt.

Wie bewerten Sie die Erinnerungspolitik für ihn?
Es ist sehr positiv, dass an ihn erinnert wird. Die in Friedrichshain-Kreuzberg erfolgte Straßenumbenennung, aber auch diese Preisverleihung kann man nur begrüßen.
In diesem Jahr gibt es eine rechte Kampagne gegen den Preis, die auch Meier selbst angreift und ihn als »linken Chaoten« bezeichnet.

Gab es derartige Angriffe bereits früher oder hat das eine neue Qualität?
Schon 1992 brachte der Berliner Kurier die Falschmeldung, Meier sei »mit dem eigenen Messer« getötet worden. Dabei war er unbewaffnet in die verbale Auseinandersetzung mit einem jüngeren Neonazi getreten. Es hat in den vergangenen Jahren immer wieder Versuche gegeben, die Person Silvio Meier zu denunzieren oder zu demontieren. Natürlich hat es die Rechte immer auch geärgert, welche großen Mobilisierungserfolge die Silvio-Meier-Demonstrationen bisweilen zu verzeichnen hatten.

Sehen Sie hier auch eine Arbeitsteilung zwischen der AfD, die die Preisverleihung juristisch zu verhindern versuchte, und rechten Propagandaseiten, die zur Störung der Preisverleihung aufrufen?
Ich weiß nicht, ob das abgesprochen arbeitsteilig läuft. Aber es ist generell interessant zu beobachten, wie Teile der AfD und der neurechten Protestbewegung die DDR-Geschichte für ihre Zwecke zu instrumentalisieren suchen. Der Versuch, aus Vertreterinnen und Vertretern der linken DDR-Opposition »Extremisten« zu machen, ist genauso bizarr wie der Versuch, sich selbst als Erbe der DDR-Opposition – »Wir sind das Volk« – zu inszenieren. Indem sie aber die Parteien der Bundesrepublik mit den DDR-Blockparteien gleichsetzen oder zum Beispiel die Versuche von Heiko Maas, gegen Hetze im Internet vorzugehen, als »Stasi 2.0« denunzieren, verhöhnen sie die in der DDR von staatlicher Repression wirklich Betroffenen.

Ist die Kampagne ein Indiz für eine Niederlage der Rechten, weil Silvo Meier mit einem Straßennamen und einem Preis durch die Gesellschaft gewürdigt wird?
Vielleicht. Möglicherweise zeigen diese Vorstöße von rechts, dass wir vielleicht schon mitten im Kulturkampf sind. Gerade auf dem Feld von Geschichts- und Erinnerungspolitik dürften die Auseinandersetzungen eher noch zunehmen.