Small Talk mit Matthias Jähne von der GEW über den Arbeitskampf studentischer Hilfskräfte in Berlin

»Frust nicht bei den Streikenden ablassen«

Small Talk Von Simon Duncker

Studentische Hilfskräfte an Berliner Hochschulen kämpfen zurzeit um einen neuen Tarifvertrag. Er soll für etwa 8000 Beschäftigte gelten. Zum Jahreswechsel kündigte die Tarifkommission, die aus Mitgliedern der GEW Berlin und Verdi besteht, den alten Tarifvertrag. Matthias Jähne von der GEW Berlin im Gespräch über den Arbeitskampf.

STDer Tarifstreit betrifft etliche Hochschulen in Berlin. Wie lässt sich ein Arbeitskampf mit so vielen unterschiedlichen Beteiligten organisieren?
Alle Hochschulen in Berlin sind eigenständige Arbeitgeber und das ist Teil des Problems, weil am Ende alle ihre Unterschrift unter den Tarifvertrag setzen müssen. Das spiegelt sich in den bisherigen Ange­boten der Hochschulen wider. Das ist der kleinste gemeinsame Nenner, auf den sie sich bisher einigen können. Und was unser gewerkschaftliches Vorgehen betrifft: Wir haben eine Tarifkommission, in der überwiegend studentische Beschäftigte sitzen. Da haben wir geschaut, dass die wichtigsten Hochschulen und Universitäten vertreten sind. Dasselbe gilt für Arbeitskreise, die organisatorische Sachen und Kampagnen vorbereiten.

Was sind die Forderungen der Tarifkommission?
Die entscheidende, an der es hakt, ist die Erhöhung des Stundenlohns auf 14 Euro. Seit 2001 verdienen die studentischen Beschäftigten in Berlin 10,98 Euro brutto. 14 Euro klingt erst einmal hoch, aber das wäre nur ein Ausgleich für den inflationsbedingten Lohnverfall von knapp 30 Prozent in den vergangenen 17 Jahren. Wenn man sich einzelne Posten herausgreift, zum Beispiel die Mieten, die deutlich stärker als die Inflationsrate gestiegen sind, dann ist die ­Belastung nochmal höher. Eine weitere Forderung ist die Angleichung des Urlaubsanspruchs. Da sind uns die Arbeitgeber ein wenig entgegengekommen. Dann eine Ausdehnung der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall. Auch da haben sich die Arbeitgeber ein kleines Stück bewegt, auch wegen des Drucks der ver­gangenen Monate. Sie sind inzwischen bereit, die Lohnfortzahlung von sechs auf acht Wochen auszudehnen. Die Hochschulen sind jedoch weiterhin nicht bereit, den Stundenlohn an die Lohnentwicklung der hauptberuflich Beschäftigten zu koppeln.

Wie sind Sie im zweiten Warnstreik vorgegangen und wie schätzen Sie die Erfolgsaussichten ein?
Die Streikbeteiligung war mit etwa 1 000 Personen ungebrochen hoch. Wir schätzen das als eine gute ­Voraussetzung ein. Am 23. und 24. Januar liefen viele dezentrale Aktionen an den einzelnen Universitäten und Hochschulen: Streikversammlungen, Vollversammlungen. An der FU wurde die Sitzung des Akademischen Senats genutzt, um die Forderungen ­vorzubringen. Es gab an der TU am Dienstag voriger Woche ein Konzert mit Kundgebungscharakter, ­Diskussionsrunden, Bürorundgänge. Ich denke, dass es dank der vielen Beschäftigten, die an Ort und ­Stelle mitwirken, gut gelungen ist, an den Hochschulen Öffentlichkeit zu schaffen und den Mobilisierungsgrad zu erhöhen.

Gibt es Unterstützung von Studenten, anderen universitären Arbeitskräften und der Öffentlichkeit?
Vorab wurden viele Befürchtungen geäußert. Es gibt deshalb Entwürfe für Beschwerdemails an die Hochschulleitung und die Personalstellen, damit der Frust nicht bei den Streikenden abgelassen wird. Das hat gut funktioniert. Es gibt viel Solidarität von den Beschäftigten. Wir haben Fälle gehört, in denen Vorgesetzte sagen: »Ich melde nicht, dass du am Streik teilgenommen hast.« Das finden wir ein bisschen abenteuerlich, weil dann ja auch die Wirkung des Streiks verpufft, aber es zeigt, wie weit die Solidarität reicht.