Donald Trump golft lieber, dabei gibt es im Weißen Haus gleich zwei Bowlingbahnen

Die Bowlingbahn unter dem Weißen Haus

Will Donald Trump bowlen gehen, hat er es nicht weit. Zwei Bahnen gibt es im präsidialen Gebäudekomplex, eine davon direkt im Keller des Weißen Hauses. Aber wie kam das Bowling einst über die Welt?

Die exklusivste Bowlingbahn der Welt liegt direkt unter dem North Portico, dem von Säulen gestützten Vorbau des Weißen Hauses, der dem Gebäude sein unverkennbares Äußeres gibt. 1969 hatte der begeisterte Bowler Richard Nixon die Bahn dort anlegen lassen, finanziert von Freunden der Familie. Niemand außer der Präsiden­tenfamilie und höchsten Staatsgästen hat dort Zutritt, weshalb es nur wenige Fotos von der Anlage gibt. Nicht einmal die Angestellten des Wei­ßen Hauses oder des Geheimdienstes dürfen dort eine Kugel schie­ben. Sie müssen sich mit der zweitexklusivsten Bowlingbahn der Welt begnügen: den sogenannten Truman-­Lanes, die im Executive Office Build­ing untergebracht sind und die man vom Weißen Haus aus durch einen unterirdischen Gang erreichen kann.

Trumans Bowlinganlage war eine der ersten mit auto­matisier­ter Kegelaufstellung.

Die Geschichte des Bowling im Wei­ßen Haus begann im Jahr 1947. Harry S. Truman hatte einen Weltkrieg gewonnen und seine Regierung wollte ihn mit einem besonderen Geburtstagsgeschenk überraschen: mit einer privaten zweispurigen Bowlinganlage im Weißen Haus, gespendet von Truman-Anhängern aus Missouri, seinem Heimatstaat. Die Bahn wurde im Keller unter dem West Wing installiert; am 25. April 1947 eröffnete der Präsident die Anlage mit einem feierlichen Wurf und streckte sieben von zehn Pins, wie die Kegel im Bowling genannt werden, nieder. Was Trumans Gönner nicht bedacht hatten: Der 33. Präsident der Vereinigen Staaten von Amerika war kein großer Fan des Spiels mit der schweren Kugel und den zehn Pins. Er hatte aber immerhin nichts dagegen, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Weißen Hauses die Bahn benutzten, und so fanden zwischen 1947 und 1955 mehrere kleine Meisterschaften im Weißen Haus statt. Team Secret Service spielte gegen Team Küche, Team Gärtner, Team Sekretariat und Team Hausmeister. Trumans Bowlinganlage war eine der ersten mit automatisierter Kegelaufstellung und somit technisch voll auf der Höhe ihrer Zeit.

1953 zog mit Dwight D. Eisenhower ein Mann ins Weiße Haus ein, der mehr von Effizienz, Zucht und Ordnung hielt als vom Bowling. Er ließ die Bahn abbauen und ersetz­-te sie durch einen Raum für Mimeographie, ein Siebdruckverfahren, das zur Vervielfältigung von Dokumenten diente. Heutzutage befindet sich dort der berühmte Situation Room. Doch Eisenhower ließ die Bowlingbahn nicht etwa als Sperrmüll entsorgen, sondern im Executive Office Building, dem großen Verwaltungsgebäude neben dem Weißen Haus, wieder aufbauen.

Dort im Keller steht die Anlage immer noch – und ist in einem beklagenswerten Zustand. Mitte der achtziger Jahre wurde sie zum letzten Mal technisch überholt. Barack Obama wollte sie durch ein Basketballfeld ersetzen lassen. Zumindest hatte er das scherzhaft im Wahlkampf angekündigt. Bald stellte sich aber heraus, dass die Obamas Gefallen am Bowling fanden, weshalb 2014 ge­plant wurde, die Bahn einer Rund­erneuerung zu unterziehen. In letzter Minute machte Obama jedoch einen Rückzieher, weil er befürchtete, man könnte ihm die Renovierung als Verschwendung von Steuergeldern auslegen – keine völlig unbegründete Vermutung angesichts des damaligen Aufstiegs von reaktionären Rechten in der Republikanischen Partei und einschlägig bekannten Talkshow-Moderatoren, denen jedes Mittel recht war, um den Ruf des verhassten ersten schwarzen Präsidenten der Vereinigten Staaten zu schädigen.

 

Dass es sogar im Weißen Haus Bow­lingbahnen gibt, sollte angesichts der Popularität des Sports in den USA nicht verwundern. Bowling leitet sich vom europäischen Kegeln ab, das mit den Emigranten aus der Alten Welt nach Amerika gekommen war. 1837 verbot der Staat Connecticut das Kegeln, da dabei oft um Geld gespielt und auch gewettet wurde. Die Kegler waren aber nicht dumm und machten sich die bürokratische Detailverliebtheit der Obrigkeit zunutze, denn im Gesetz wurde ausdrücklich das Kegeln mit neun Kegeln untersagt. Die findigen Sportler fügten also kur­zerhand einen zehnten Kegel hinzu, nannten die Sache Bowling – und schon war eine der beliebtesten Freizeitvergnügungen des jungen Staates wieder legal. Binnen weniger Jahre breitete sich das leicht abgeänderte Kegeln in ganz Amerika aus, und zu Beginn des 20. Jahrhunderts gab es bereits Profi-Ligen und Bowlingbahnen in vielen Provinzdörfern. In ­Europa, vor allem in Deutschland, schaute man zunächst mit Misstrauen auf das Bowling, die Anlagen wurden abschätzig »Amerika-Bahnen« genannt. Nur langsam fand die neue Sportart Akzeptanz, 1937 gewann ein deutsches Team eine in Berlin abgehaltene Weltmeisterschaft. Wirklich beliebt wurde Bowling aber erst viele Jahrzehnte später, was nicht zuletzt Filmen wie »The Big Lebowski« oder »Kingpin« zu verdanken ist.

Von der wirklich exklusiven Nixon-­Bowlingbahn unter dem Haupteingang des Weißen Hauses ist noch weniger bekannt als von der Truman-Anlage. Nixon selbst ließ sich dort nicht fotografieren, sondern nutzte für Fototermine die Bahn im Bürogebäude, weil er volkstümlicher wirken wollte. Die letzten veröffentlichten Fotos aus der Nixon-Anlage zeigen George W. Bush, wie er sich dort einen Wurf gönnt. Das Ambiente erlaubt eine Zeitreise in die sechziger Jahre. Die wenigen Menschen, die die Bahn in jüngsten Jahren mit eige­nen Augen gesehen haben, berichten von gammeligen alten Bowlingschuhen, einem strengen Geruch nach Männerumkleidekabine und einer teils defekten Technik. Das Angebot einer Firma, die Nixon-Anlage in eine moderne Bowlingbahn mit Surround-­Soundsystem umzuwandeln, hatte die Obama-Regierung abgelehnt. Gerüchten zufolge soll allerdings Malia Ann Obama ihren 16. Geburtstag auch in dem Raum unter dem North Portico gefeiert haben.

Derzeit gibt es keine Pläne, die beiden Bowling-Anlagen des Weißen Hauses zu renovieren. Donald Trump gilt ohnehin nicht als großer Freund des Bowling, er geht lieber Golf spielen. Immerhin sollen die Truman-­Lanes noch funktionieren, wenn auch mit allerlei Macken, und manchmal bekommen Journalisten oder Diplomatien die Gelegenheit, dort ein paar Pins umzulegen. Nixons Privatbahn hingegen rottet einsam vor sich hin.