Auch im fortgeschrittenen Alter kann man im Sport erfolgreichsein

Forever Young

Vom 60jährigen Boxer bis zum 105jährigen Jogger – einige Sportlerinnen und Sportler schaffen es, bis ins fortgeschrittene Alter aktiv zu bleiben. Eine kleine Auswahl.

Jeannie Longo

Als die Radrennfahrerin Jeannie Longo 1979 franzö­sische Meisterin wurde, war das der Beginn eines Sportwunders, das immer noch fortdauert. Im Verlauf ihrer Karriere gewann sie 13 Weltmeister­titel, eine olympische Goldmedaille und kam 59-mal auf einen der ersten drei Plätze bei französischen Meisterschaften. Sie nahm an sieben Olympischen Spielen teil. 2011, im zar­ten Alter von 52 Jahren, gewann sie erneut die französische Radmeisterschaft. Ein Dopingskandal beendete schließlich 2012 ihre Laufbahn als Profi, Longos Ehemann soll das Mittel Erythropoetin geschmuggelt und seiner Gattin verabreicht haben, was die Radsportlerin vehement bestritt. Longo nimmt weiterhin an Amateurwettbewerben und Benefizfahrten teil und lässt regelmäßig Frauen hinter sich, die ihre Enkelinnen sein könnten.

 

Kazuyoshi Miura

1982 war der Japaner Miura 15 Jahre alt und beschloss, in Brasilien Fußballprofi zu werden. Das war eine mutige Entscheidung, da es in Brasilien an Nachwuchsspielern nicht mangelte. Miura flog allein nach Südamerika und das, was niemand für möglich gehalten hatte, geschah wirklich: Er stieg bei der Jugendmannschaft von São Paulo ein. Drei Jahre später verwirklichte er seinen Traum, als er seinen ersten Profi­vertrag unterzeichnete. Es folgte eine einzigartige Karriere, die Miura von Brasilien nach Europa, von Europa nach Aus­tralien und von Australien wieder nach Japan führte. Er gilt als der beste asiatische Fußballer seiner Generation und spielt zurzeit beim Yokohama FC. Kürzlich erst hat der 51jährige seinen Vertrag um ein ­weiteres Jahr verlängert und ist somit der älteste Fußballprofi der Welt.

»Ich habe immer nur das gemacht, was ich machen wollte, und ich war nie beim Arzt.« Der 108jährige Leichtathlet Stanislaw Kowalski über das Geheimnis seiner Sportlichkeit.

Nancy Lieberman

»Lady Magic«, wie Lieberman von ihren Fans genannt wird, erblickte am 1. Juni 1952 in Brook­lyn das Licht der Welt. Eine ihrer ersten Erinnerungen war, wie die Großeltern ihr die Unterarme zeigten, auf denen KZ-Häftlingsnum­mern eintätowiert waren. Von Kindesbeinen an war Basketball Liebermans große Leidenschaft und mit 17 spielte sie als jüngstes Spielerin für das Nationalteam. 1976 gewann sie mit ihrem Team die Silbermedaille bei den Olympischen Spielen in Montreal. In den frühen achtziger Jahren gab Lieberman ihr Studium auf, um Basketball-Profi zu werden. Sie stieg zur erfolgreichsten weib­lichen Spielerin des Landes auf und wurde 1996 in die Hall of Fame des Basketball aufgenommen. 2008, inzwischen 50 Jahre alt, unterschrieb sie einen Vertrag bei Detroit Shock und wurde so zur ältesten aktiven Profispielerin jener Tage. Seit 2015 arbeitet sie als Trainerin bei den ­Sacramento Kings. Lieberman hat einen Sohn, der für Hapoel Holon in Israel spielt.

 

Saoul Mamby

Wenn jemand den melting pot New York verkörpert, dann der Boxer Saoul »Sweet« Mamby. Sein Vater war ein Jamaikaner, seine Mutter eine Jüdin spanischer Herkunft. Mamby absolvierte seine ersten Kämpfe Ende der sechziger Jahre, bevor man ihn nach Vietnam schickte, von wo er glücklicherweise unbeschädigt zurückkehrte. In den siebziger Jahren schlug sich der Halb­weltergewichtsboxer, inzwischen ­bekannt und gefürchtet für seine ungewöhnlich große Reichweite, als Profi durchs Geschäft. Er gewann nicht oft, aber seine Bereitschaft, jeden ihm angebotenen Kampf an­zunehmen, brachte ihm eine Menge Geld ein – und seine Hartnäckigkeit und sein Durchhaltevermögen im Ring den Respekt bei Kollegen und Fans. 1980 gelang Mamby das, womit niemand gerechnet hatte: Er besiegte in Seoul den favorisierten Sang-Hyun Kim und wurde Weltmeister im Halbweltergewicht. Diesen Titel verteidigte »Sweet« Mamby fünfmal. Er boxte noch während der gesamten achtziger Jahre und galt weiterhin als ernstzunehmender Kämpfer, obwohl er die 40 bereits überschritten hatte. Nach kleineren Pausen trat Mamby auch in den Neunzigern wieder in den Ring und blieb sogar in diesem Jahrtausend noch aktiv. 2008, inzwischen 60, kämpfte er auf den Cayman Islands gegen den 30 Jahre jüngeren Anthony Osbourne – und verlor nur knapp. Mamby ist der einzige namhafte Boxer, dessen profes­sionelle Karriere sich über fünf Jahrzehnte erstreckte.

 

Sue Martin

US-amerikanische ­Zeitungen nennen sie die »galoppierende Oma«, doch diese Despektierlichkeit hält die 64jährige Sportlerin nicht davon ab, dem Nachwuchs zu zeigen, wie man richtig schnell reitet. 1973 be­gann Martin ihre Karriere als Reitsportprofi und zählte bald zu den erfolgreichsten Jockeys der Welt. Sie ­gewann zahlreiche Rennen und mach­te nur jeweils kurz Pause, wenn sie mit einem ihrer sieben Kinder schwan­ger war. Eine fast 50 Jahre andauernde Karriere als Wettkampf­reiterin ging freilich nicht ganz schmerz­frei ab. »Ich brach mir jeden Knochen im Leib, habe Titan in den Beinen und Metallplatten mit Schrau­ben in den Armen«, beschreibt die 64jährige die Folgen ihrer Blessuren, die sie sich im Laufe der Jahre zuzog. Die 18fache Großmutter denkt jedoch immer noch nicht ans Aufhören. Und wieso auch? Erst vor wenigen Monaten gewann sie wieder ein wichtiges Rennen in Florida. Nebenbei betreibt Martin eine Reitschule.

 

Jaromír Jágr

Wer sich auch nur ein wenig für Eishockey interessiert, kennt den Namen Jaromír Jágr. Geboren 1972 in der damaligen Tschechoslowakei, stand Jágr schon als Dreijähriger auf Schlittschuhen und spielte bereits als Teenager für bedeu­tende Clubs der damaligen ČSSR. 1990 begann er eine elfjährige Profikarriere in der US-amerikanischen NHL und galt bald als einer der besten Offensivspieler der Welt. Nach der Jahrtausendwende spielte er bei den Washington Capitals, den New York Rangers und dann in Russland bei Awangard Omsk. 2011 kehrte er in die USA zurück und unterschrieb bei den Philadelphia Flyers. Von dort wechselte er zu den New Jersey Devils und dann zu den Florida Panthers. 2017 wurde der mittlerweile 45jährige von den Calgary Flames verpflichtet und absolvierte mit ihnen sein 1 733. Spiel in der NHL. Mit der tschechischen Nationalmannschaft holte er 1998 olympisches Gold und gewann 2005 die Eishockey-WM. Jágr ist derzeit mit 46 der älteste aktive NHL-Profi, auch wenn er derzeit nach einigen Verletzungen an den tschechischen Zweitligisten HC Kladno in seinem Heimatort ausgeliehen ist.

 

Martina Navrátilová

Seit sie als Zwölfjährige ihr erstes Match gewann, war die Tennisspielerin erfolgreich. Wer den Namen Navrátilová nicht kennt, hat in den vergangenen 40 Jahren vermutlich weder Zeitung gelesen noch den Fernseher angemacht. Bemerkenswert sind aber nicht nur ihre phänomenalen Erfolge als junge Frau, sondern vor allem ihre Leistungen im fortgeschrittenen Alter. 2003 gewann sie mit 46 Jahren sowohl in Wimbledon und bei den Australian Open im gemischten Dop­pel mit Leander Paes und wurde ­damit auch die dritte Spielerin der Welt, die alle vier Grand-Slam-Tourniere in allen drei Varianten gewonnen hat, also im Einzel, im Doppel und im gemischten Doppel. 2004 gelang ihr eine weitere einzigartige Leistung, als sie in Wimbledon einen Erstrundensieg gegen Catalina Castaño erkämpfte und damit die älteste siegreiche Spielerin in der Geschichte dieses Tourniers wurde. Mit 49 gewann Navrátilová im gemischten Doppel mit Bob Bryan bei den US Open 2006 ihren letzten Grand-Slam-­Titel.

Stanislaw Kowalski. Genau genommen gehört der mittlerweile 108 Jahre alte Kowalski nicht in diese Liste, weil er nie ein Profisportler war. Aber da er im Alter von 105 Jahren an den polnischen Veteranenmeisterschaften in der Leichtathletik teilnahm und dort die 100 Meter in 34,60 Sekunden rannte – was schon viele 30jährige überfordern könnte –, gebührt ihm hier eine Nennung honoris causa. Kowalski, der noch das Ende des Ersten Weltkriegs bewusst erlebt hatte, begann als 90jähriger mit dem Laufen. Zuvor hatte seine einzige sport­liche Leistung darin bestanden, mit dem Fahrrad zur Arbeit zu fahren – das allerdings jahrzehntelang jeden Tag. Gefragt, was das Geheimnis seines langen Lebens und seiner Sportlichkeit sei, antwortete er: »Ich habe immer nur das gemacht, was ich machen wollte, und ich war nie beim Arzt.«