Raucherecke - Vor der iranischen Botschaft gab es Proteste gegen den Tugendterror des Regimes

Tanzen gegen die Mullahs

Raucherecke Von Tina Sanders

<p>Am Montagnachmittag versammelten sich vor der iranischen Botschaft etwa 70 Menschen – dort, wo es den Organisatorinnen und Organisatoren zufolge »den Mullahs weh tut«.</p>

Am Montagnachmittag versammelten sich vor der iranischen Botschaft etwa 70 Menschen – dort, wo es den Organisatorinnen und Organisatoren zufolge »den Mullahs weh tut«. Unter dem Motto »Dance for Freedom in Iran« wollten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Protestkundgebung ihre Solidarität mit Maedeh Hojabri ausdrücken. Die 17jährige Iranerin war verhaftet worden, nachdem sie auf Instagram Videos gepostet hatte, auf denen sie ohne Kopftuch in ihrem Schlafzimmer tanzt. Das hatte das islamistische Regime als »sittenwidrig« und teils »pornographisch« eingestuft. Deshalb entschieden sich die Veranstalter der Kundgebung, »Stop The Bomb«, »werk21 Kommunikation« und »Free Iran Now!«, für das Tanzen zu elektronischer Musik als Aktionsform.

Von hiesigen Linken und Feministinnen ist zu all dem wenig zu hören. Lieber kooperiert man mit islamistischen Verbänden bei der Errichtung eines Islaminstituts an der Berliner Humboldt-Universität oder setzt sich für das Recht auf Kopftuchtragen ein. Dass Menschen wie Maedeh Hojabri im Iran und anderen Ländern wegen des Kopftuchzwangs Folter und Gefängnis drohen, scheint sie nicht zu interessieren.

Immer wieder kam es in den vergangenen Jahren im Iran zu Exzessen des staatlichen Tugendterrors und der Unterdrückung ­Oppositioneller: Nicht nur, dass sich Maedeh Hojabri – wie auch 2014 eine Gruppe junger Iranerinnen und Iraner, die zu dem Welthit »Happy« getanzt hatten – für das öffentliche Tanzen im Staatsfernsehen entschuldigen musste. Zu Beginn des Jahres verhaftete das Regime nach Informationen der Neuen Zürcher Zeitung 29 Frauen, die öffentlich gegen den gesetzlichen Kopftuchzwang protestiert hatten. Nasrin Sotoudeh, eine iranische Menschenrechtlerin, wurde im Juni verhaftet. Am Samstag wurde die kurdische Studentin Meryem Ferecî in Teheran tot aufgefunden, ihr Leichnam war verbrannt. Acht Tage zuvor hatte sie ihre Wohnung verlassen, um sich bei der Polizei zu melden. Das war Teil ihrer Meldeauflagen gewesen, nachdem sie 2017 bei den Studentenprotesten festgenommen und zehn Tage lang unter Folter verhört worden war. Ihr Anwalt vermutet, dass Regimekräfte sie ermordet haben.

In Deutschland verhaftete die Polizei vor einigen Wochen einen Diplomaten der iranischen Botschaft in Wien wegen des Verdachts der Planung eines Terroranschlags auf eine Versammlung iranischer Oppositioneller in Frankreich. Der iranische Wirtschaftslobby­ist Dawood ­Nazirizadeh hat hierzulande kürzlich Klage gegen Kazem Moussavi eingereicht, einen bekannten Kritiker der Islamischen Republik. Die Klage erfolgte unter anderem aufgrund eines Artikels auf dem Blog »Ruhrbarone«. Ein breites Bündnis ruft nun zu Solidarität mit Kazem Moussavi auf und sammelt Geld zur Übernahme der Kosten des Verfahrens.

Von hiesigen Linken und Feministinnen ist zu all dem wenig zu hören. Lieber kooperiert man mit islamistischen Verbänden bei der Errichtung eines Islaminstituts an der Berliner Humboldt-Universität oder setzt sich für das Recht auf Kopftuchtragen ein. Dass Menschen wie Maedeh Hojabri im Iran und anderen Ländern wegen des Kopftuchzwangs Folter und Gefängnis drohen, scheint sie nicht zu interessieren. Merle Stoever, Mitorganisatorin der Kundgebung vor der iranischen Botschaft, kritisiert das: »Ein universalistisches Verständnis von Feminismus bedeutet, die Unterdrückung aller Frauen zu thematisieren, sichtbar zu machen und zu bekämpfen.«