Die Parlamentswahlen in der Autonomen Region Kurdistan boten kaum Überraschungen

Nach den Wahlen zweigeteilt

Die Parlamentswahlen in der Autonomen Region Kurdistan im Nordirak haben keine großen Überraschungen gebracht. Immer noch teilen sich die beiden großen Parteien KDP und PUK weitgehend die Macht.

Zu den irakisch-kurdischen Parlamentswahlen fällt einem der alte Anarcho-Spruch ein, dass Wahlen längst verboten wären, würden sie etwas verändern. Knapp ein Jahr nach dem Unabhängigkeitsreferendum mit seinen desaströsen Folgen fand am Sonntag eine Wahl statt, deren Resultate kaum absehbarer hätten sein können. Als Spitzenkandidaten der beiden dominierenden Parteien, der Kurdischen Demokratischen Partei (KDP) und der Patrotischen Union Kurdistans (PUK), traten mit Hemen Hawrami, einem engen Vertrauten des ehemaligen Präsidenten der Autonomen Region Kurdistan, Massoud Barzani, und Qubad Talabani, einem Sohn des jüngst verstorbenen langjährigen PUK-Vorsitzenden, zwei Männer an, die garantieren, dass sich auch in Zukunft nichts Grundlegendes verändern wird.

Die Region ist de facto weiter zweigeteilt zwischen der KDP und der PUK, zwei Parteien, die eher Familiendynastien ähneln und deren Kooperation vor allem auf der Einsicht ­beruht, dass man so am besten Ressourcen und Einfluss untereinander aufteilen kann.

Die kurdische Regionalregierung hat vergangenes Jahr in Folge des unbedacht initiierten Referendums, das von der KDP weiterhin als Erfolg gefeiert wird, große Teile der zuvor von ihr kontrollierten Gebiete an die Zentralregierung verloren, etwa die erdölreiche Stadt Kirkuk. Auch danach kam es nur sporadisch zu Demonstra­tionen und Unmutsäußerungen. Große Teile der Bevölkerung murren über Korruption, Nepotismus und nicht ausgezahlte Gehälter, gehen aber entweder nicht wählen oder machen ihr Kreuz erneut bei einer der Parteien, die seit über 25 Jahren regieren und von ­denen grundlegende Neuerungen kaum zu erwarten sind. Entsprechend niedrig fiel mit knapp 60 Prozent die Wahlbeteiligung aus; wie erwartet schnitt die KDP mit rund 43 Prozent der Stimmen mit Abstand am besten ab, während die PUK herbe Verluste erleiden musste und gerade einmal über 20 Prozent kam. Beide Parteien werfen sich gegenseitig Wahlfälschung vor.

Die Oppositionsparteien – so sie diesen Namen überhaupt verdienen, hatten sich die meisten doch nach den vergangenen Jahren bereit erklärt, sich an einer Regierung der nationalen Einheit zu ­beteiligen – befinden sich weitgehend in desolatem Zustand und konnten von den desatrösen Ereignissen im vergangenen Jahr kaum profitieren.

Die größte oppositionelle Kraft, die Gorran-Partei, kämpft um ein neues Profil, seit ihr Gründer Nawshirwan Mustafa im Mai 2017 verstorben ist. Auch eine neue Partei, Naway Nwe, die sich aus der Gegenbewegung zum Referendum entwickelt hat, wird wohl kaum für Veränderungen sorgen können. Immerhin erreichten diese Parteien zusammen mit den zwei islamischen ­Parteien fast 40 Prozent der Stimmen, so viel wie nie zuvor in einem kurdischen Parlament.

In den Tagen vor der Wahl war, auch wenn die Städte und Straßen Kurdistans mit Wahlplakaten förmlich zugepflastert wurden, von Euphorie nichts zu spüren. Immerhin waren im diesjährigen Wahlkampf Wahlplakate von Frauen, meist sogar ohne Kopftuch, überdurchschnittlich präsent. Im kurdischen Parlament muss eine Quote von 30 Prozent weiblicher Abgeordneter erfüllt werden, in Entscheidungspositionen allerdings sind Frauen weiter deutlich unterrepräsentiert.

Verfolgte man früher international Entwicklungen in Kurdistan noch mit Spannung, spielt seit dem Referendum der kurdische Nordirak nur noch eine regionale Rolle, zumal die beiden Hauptparteien noch extrem abhängig von ihren jeweiligen Schutz­patronen sind: Die KDP ist mit der Türkei eng verbunden, die PUK mit dem Iran.

Man hätte sich das ganze Geld für diesen Wahlkampf auch sparen können und es besser an bedürftige Familien in den unzähligen Flüchtlingslagern verteilen sollen, fasst eine 23jährige Mitarbeiterin einer lokalen Hilfsorganisation in Dohuk die vor allem unter ­jüngeren Kurdinnen und Kurden vorherrschende Stimmung zusammen.