Imprint - Abdruck aus: »Beastie Boys Buch«

Beastie Revolution

1981 gründeten sich die Beastie Boys zunächst als Hardcore-Band, verschrieben sich aber bald dem HipHop. Das »Beastie Boys Buch« erzählt mit vielen Texten und Bildern – auch von den Mitgliedern – die Geschichte der Band. In seinem im Band erschienenen Text porträtiert Luc Sante die Heimatstadt der Beastie Boys zur Zeit ihrer Gründung: das New York City der frühen achtziger Jahre.

Es ist 1981, wir befinden uns in New York City, das damals ein ferner Planet war, der heute kaum wiederzuerkennen ist. Die Beastie Boys durchlaufen irgendwo in einem Übungsraum gerade ihr ­Embryonalstadium – ebenso wie die Butthole Surfers, die Cro-Mags, Mötley Crüe, Run-D.M.C., Sonic Youth und Wham!, die sich an anderen Orten formieren. In diversen Krankenhäusern der USA kommen Beyoncé Knowles, Alicia Keys, Britney Spears und Justin Timberlake zur Welt. Ronald Reagan ist seit dem 20. Ja­nuar der vierzigste Präsident der USA. Ein tragbares Kassettenabspielgerät mit dem Namen Walkman ist seit dem letzten Sommer auf dem Markt, doch es ist nicht ganz billig und deshalb noch nicht sonderlich verbreitet. Trotzdem ist Musik in der ganzen Stadt omnipräsent.

Sie ist überall, ob es einem gefällt oder nicht. Ein Song auf dem Radiosender WBLS erfüllt den Treppenaufgang von der U-Bahn zur Straße, dringt dann aus dem Fenster eines vorbeifahrenden Autos und danach aus den Außenlautsprechern eines Lebensmittelladens, einem Ghettoblaster, den jemand auf der Schulter über die Straße trägt, wird fortgesetzt von einem weiteren Ghettoblaster im Gepäckkorb eines Fahrrads, das sich durch den Verkehr schlängelt und endet dann in einem Imbiss, den man betritt, um sich auf die Schnelle ein Stück Pizza abzugreifen.

Möglicherweise handelt es sich bei dem Song um »The Adventures of Grandmaster Flash on the Wheels of Steel«, der gerade frisch herausgekommen ist und den ihr zum ersten Mal hört, sodass ihr bei den ganzen Klangfetzen, die sich mit Sirenen und Verkehrslärm mischen, gar nicht bemerkt, dass es sich um ein und dasselbe Stück handelt – es klingt wie ein erweiterter Mix des Chic-Songs »Good Times«, der immer wieder von anderen Radiostationen überlagert wird, auf denen Blondie, Queen und Spoonie Gee laufen. Was auch nicht verwunderlich wäre, weil in New York City so etwas die ganze Zeit passiert. Man kann die Straße entlanggehen und aus allen Fenstern eines Häuserblocks erklingt der gleiche Sender, doch schon ab der nächsten Querstraße kommt Charanga aus der einen Richtung, Philly Soul aus der anderen, Ska aus diesem Fenster und Doo-Wop aus jenem. Die Straße selbst ist wie ein Mischpult. Wenn in einer Woche ein besonders angesagter Track in der Luft liegt, dann funktioniert er als ein beweglicher Hintergrund, in den andere Klänge sich mischen wie Plakatwände, die sich in den Fenstern der vorbeifahrenden Autos spiegeln, oder von einem DJ eingeworfene Zitate. Und »Good Times« war in den letzten zwei Jahren ständig irgendwo zu hören.

 

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