Small Talk mit Ulrike Detmers über die Vergabe des Preises »Spitzenvater des Jahres«

»Der ist Avantgardist«

Small Talk Von Gregor Sawal

Daniel Eich ist »Spitzenvater des Jahres«. Er hat sich für das dritte Kind ein Jahr Elternzeit genommen, damit seine Ehefrau Insa Thiele-Eich 2020 als erste deutsche Astronautin ins Weltall fliegen kann. Die Vergabe des Preises löste allerdings öffentliche Empörung aus. Ulrike Detmers hat die mit 5 000 Euro dotierte Auszeichnung im Namen des Bäckereiunternehmens Mestemacher verliehen. Die Jungle World hat mit der Professorin für Ökonomie gesprochen.

Von vielen Seiten wird die Preisvergabe kritisiert. Können Sie das nachvollziehen?
Die Leute haben spontan und emotionalisiert reagiert, ohne die Ziele und die Absichten des Preises zu kennen, was ich an den Zuschriften gemerkt habe. Der Tenor der alleinerziehenden Väter, Mütter und traditionellen Frauen lautete, dass die eigene Topleistung in der Familie zu wenig Würdigung bekomme. Frauen, die das klassische Hausfrauenmuster leben und sich in erster Linie der Familienarbeit widmen, haben vielleicht auch ihrem Frust über zu wenig Anerkennung freien Lauf gelassen.

Ist es nicht problematisch, einen Vater für etwas zu belohnen, was selbstverständlich sein sollte?
Überhaupt nicht. Das ist ein Symbol für die Befreiung des Mannes aus der traditionellen Männerrolle. Es wird prämiert, dass Männer typische Frauenarbeit übernehmen. Das ist nicht gängig in unserer Gesellschaft. Ich möchte dieses Modell einmal im Jahr exemplarisch herausstellen. Was ist denn daran verwerflich? Es ist ein privatfinanzierter Preis meines Unternehmens. Ich beanspruche keine Steuergelder. Es ist Geld, das wir als Eigentümer seit Jahren für die Gleichstellung verwenden. Ich bin Feministin! Ich lasse mir von niemandem meine Ziele kaputtreden.

Männer übernehmen typische Frauenarbeiten – da klingt aber doch ein Stereotyp durch.
Von mir als Privatperson werden role models herausgestellt. Wir leben in einer Demokratie und in einer freien Marktwirtschaft. Es ist mein Recht, das zu tun. Ich verstehe den Frust, aber ich bitte umgekehrt auch darum, die Ziele zu verstehen: Vorbilder zu präsentieren, die sich mit Familienarbeit und Kindererziehung identifizieren und aktiv die Frau bei dem Vorankommen ihrer Karriere unterstützen. Ich verstehe die Kritik, dass die Würdigung der Familien insgesamt zu wenig da ist. Aber ich verstehe die Kritik an den Zielen nicht, die ich definiert habe.

Viele Leuten fühlen sich vor den Kopf gestoßen, weil ein Vater auch noch mit 5000 Euro prämiert wird.
Ist das eine Neiddebatte? Es geht also ums Geld.

Sie denken, die Leute regten sich nur wegen der Prämie auf?
Ja, der Preis an sich ist nicht das Ding. Dass der untypische Mann das Geld bekommt, ist der Auslöser für die Empörung.

Insa Thiele-Eich wird erst dadurch richtig bekannt, dass ihrem Mann ein Preis verliehen wird. Stellt der Preis auf diese Weise nicht gerade die Abhängigkeit der Frau zur Schau?
Überhaupt nicht. Der Vater ermöglicht, dass seine Frau als Astronautin in eine Männerdomäne eindringt. Die haben drei Kinder, der ist Avantgardist. Wie sollte es sonst gehen, wenn der Mann nicht mitzöge?

Aber sollte der Mann wirklich nur dafür belohnt werden, dass er im gleichen Maß wie die Frau seiner Elternrolle nachkommt?
Sie hat dadurch die Möglichkeit, in einer Männerdomäne Erfolg zu generieren und Leitbild für andere Frauen zu sein. Ich verstehe die Kritik überhaupt nicht. Ich bin Feministin.