Porträt: Marie Benešová

Auf der Seite der Korrupten

<p>Von der Ernennung Marie Benešovás zur neuen Justizministerin waren nicht alle begeistert. Ende April ­demonstrierten Tausende Menschen in mehreren Städten Tschechiens dagegen. Am 30.</p>

Von der Ernennung Marie Benešovás zur neuen Justizministerin waren nicht alle begeistert. Ende April ­demonstrierten Tausende Menschen in mehreren Städten Tschechiens dagegen. Am 30. April wurde sie von Präsident Miloš Zeman vereidigt, als dessen Beraterin sie tätig gewesen war. Anfang voriger Woche und ­erneut am Montag dieser Woche demonstrierten noch mehr Menschen gegen ihre Ernennung, allein in Prag sollen es beide Male bis zu 20 000 gewesen sein. Organisiert hatte die Proteste die Initiative »Eine Million Momente für die Demokratie«. Die Demonstrierenden befürchten, die 71jährige Benešová könnte Einfluss auf die Ermittlungen gegen Ministerpräsident Andrej Babiš zu dessen Gunsten nehmen. Ihm wird Sub­ventionsbetrug beim Bau des Wellness-Resorts »Storchennest« vorgeworfen. Er soll unrechtmäßig EU-Subventionen in Höhe von rund 1,6 Millionen Euro erhalten haben. Im April empfahl die Polizei, gegen Babiš Anklage zu erheben – kurz darauf trat Jan Kněžínek als Justizminister zurück. Die Opposition glaubt, dass er durch eine Person ersetzt werden sollte, die Babiš mehr entgegenkommt.

Diese könnte er in Benešová gefunden haben. Sie will die Strafverfolgungsbehörden reformieren und unter anderem die Oberstaatsanwaltschaften in Prag und Olomouc abschaffen. Die ehemalige Rechts- und Staatsanwältin war bereits von 2013 bis 2014 Justizministerin. Von 2007 bis 2013 war sie Mitglied der sozial­demokratischen Partei ČSSD, die Tschechien derzeit in einer Koalition mit Babiš̕ Partei »Ano 2011« regiert. Bereits bei den Wahlen 2013 unterstützte sie Babiš.

Sorgen bereiten könnte den gegen sie Demonstrierenden vor allem, dass sie schon einmal gegen diejenigen vorging, die Subventionsbetrug aufdeckten. In der Region Ústí hatte Leo Steiner, der in einer Kommission zur Vergabe von EU-Subventionen arbeitete, vor einigen Jahren Subventionsbetrug durch Regional­politiker in großem Maßstab aufgedeckt. Benešová unterschrieb, statt sich für Aufklärung einzusetzen, 2012 für die Gouverneurin der Region, Jana Vaňhová, eine Strafanzeige gegen Steiner wegen Verleumdung; zur Anklage kam es aber nicht. Babiš scheinen die großen Proteste derzeit kaum zu Schaden. In Umfragen vor den Europawahlen ist Ano 2011 stärkste Partei.