Imprint - Ich bin kein Theoretiker, aber ich verstehe den Sozialismus ganz anders

»Wo ist das Omelette?«

Der Rumäne Panaït Istrati war nicht nur ein vielgelesener Schriftsteller, sondern auch der erste, der gegen das Schweigegebot der damaligen Linken verstieß und seine Kritik an den repressiven Verhältnissen in der Sowjetunion öffentlich formulierte.

Dem Lesepublikum der romanischen Länder ist der Schriftsteller Panaït Istrati noch immer vertraut – dabei avancierte sein Roman »Kyra Kyralina« in den zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts zu einem Bestseller und wurde von Schriftstellerkollegen wie Romain Rolland und Georges Bataille hoch gelobt. Den allermeisten deutschsprachigen Lesern dürfte Istrati völlig unbekannt geblieben sein, obwohl der Romanist Heinrich Stiehler seine Bücher zwischen 1985 und 1993 in einer vierzehnbändigen Werkausgabe neu herausgegeben hat. 1990 veröffentlichte Stiehler außerdem eine informative Biographie über den Schriftsteller, der 1884 in der Donauhafenstadt Braila, nahe der Grenze zu Moldawien und der Ukraine, geboren wurde und im April 1935 in Bukarest starb. 

Dass Istrati wie die gesamte rumänische Literatur in Mitteleuropa eher selten zur Kenntnis genommen wird, ist in zweifacher Hinsicht sehr schade. Denn rumänische Literatur – von Eugène Ionesco über Mihail Sebastian bis zu Norman Manea, um nur einige Beispiele zu nennen – hat einen wesentlichen Anteil am europäischen Kulturkanon, und Istratis Romane und Erzählungen gehören zum Vergnüglichsten und Beeindruckendsten, das literarisch im Lauf des 20. Jahrhunderts hervorgebracht wurde. Und weil Istrati so mitreißend erzählen konnte und mindestens zwei literarische Meisterwerke geschaffen hat, wurde er in der zweiten Hälfte der zwanziger Jahre in vielen Ländern begeistert gelesen; der rumänische Autor war vielen Lesern ein Begriff. »In den Jahren 1927 und 1928«, so erinnert sich der russische Schriftsteller Ilja Ehrenburg in seinen Memoiren, »stürzten sich die Franzosen auf die Bücher Istratis. Seine Werke wurden in viele Sprachen übersetzt. Besonders in der Sowjetunion erfreuten sie sich großer Beliebtheit. Innerhalb von zwei, drei Jahren erschienen nicht weniger als zwanzig Ausgaben.«

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